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Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge (Teil 3: Kartellrecht)
Der dritte und letzte Teil unserer Beitragsreihe beschäftigt sich mit den wesentlichen kartellrechtlichen Aspekten, die Unternehmen beim Ausbau und Betrieb öffentlicher Ladeinfrastruktur beachten sollten.
Im Wesentlichen lassen sich drei verschiedene Wertschöpfungsstufen unterscheiden:
- Das Angebot von für die Errichtung öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur geeigneten Flächen durch Flächeninhaber,
- der Betrieb von öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur und
- der Vertrieb von Ladestrom bzw. das Angebot von Mobilitätsdienstleistungen an Endnutzer.
Auf allen drei Wertschöpfungsstufen sind die rechtlichen Vorgaben der Fusionskontrolle sowie des Kartellverbots zu beachten. Marktmächtige Unternehmen unterliegen zudem der Missbrauchsaufsicht der Kartellbehörden. Kartellrechtliche Herausforderungen stellen sich nicht nur für private Unternehmen, sondern auch für die öffentliche Hand, soweit sie wirtschaftlich und nicht rein hoheitlich tätig ist.
Fusionskontrolle bei Zusammenschlüssen
Wollen Unternehmen gemeinsam öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur schaffen, kann es sinnvoll sein, dass sie ihre Ressourcen bündeln und sich etwa in Form eines Joint Ventures zusammenschließen. Die kartellrechtliche Fusionskontrolle findet Anwendung, wenn die an einem Zusammenschluss beteiligten Unternehmen bestimmte Umsatzschwellenwerte überschreiten. Der angestrebte Zusammenschluss ist dann vor seinem Vollzug beim Bundeskartellamt und gegebenenfalls bei Kartellbehörden anderer Länder anzumelden. Bis zur Freigabe besteht ein Vollzugsverbot, bei dessen Missachtung hohe Bußgelder von bis zu 10 % des jährlichen Umsatzes der jeweiligen Unternehmensgruppe drohen.
Die Kartellbehörden geben einen Zusammenschluss frei, wenn keine erhebliche Behinderung des Wettbewerbs zu befürchten ist; dies ist im jeweiligen Einzelfall sorgfältig zu prüfen. Schließen sich beispielsweise Betreiber von öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur, sog. Charging Point Operator (CPO), in unmittelbarer räumlicher Nähe zusammen, entfällt hierdurch der Wettbewerbsdruck, den die CPOs bislang aufeinander ausgeübt haben. In diesem Fall kann eine wettbewerbsbeschränkende Wirkung vorliegen, selbst wenn durch den Zusammenschluss keine Marktanteile erreicht werden, die eine marktbeherrschende Stellung indizieren (mind. 40 %).
Vereinbarkeit von Unternehmenskooperationen mit dem Kartellverbot
Nach dem Kartellverbot sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, verboten. Dabei ist zu beachten, dass das Kartellverbot nicht nur auf horizontaler, sondern auch auf vertikaler Ebene gilt.
Auf horizontaler Ebene, sprich innerhalb der verschiedenen Wertschöpfungsstufen, dürfen die jeweiligen Akteure ihr Verhalten (z.B. bzgl. der geforderten Preise oder die Nutzungsbedingungen für das Laden) nicht mit ihren Wettbewerbern abstimmen und dürfen grundsätzlich keine wettbewerbssensiblen Informationen austauschen.
Auf vertikaler Ebene, sprich zwischen den verschiedenen Wertschöpfungsstufen, können insbesondere Vereinbarungen zwischen Flächeninhabern (Gebietskörperschaften wie Bund, Länder und Kommunen aber auch privaten Unternehmen) und CPOs gegen das Kartellverbot verstoßen, die aufgrund der ggf. explizit vorgesehenen Exklusivität oder der langen Laufzeit der entsprechenden Vereinbarungen den Wettbewerb um den Zugang zu geeigneten Flächen in einer bestimmten Region beschränken.
Mögliche Wettbewerbsbeschränkungen können jedoch unter bestimmten Voraussetzungen vom Kartellverbot freigestellt sein, insbesondere dann, wenn die Zusammenarbeit Effizienzwirkungen zum Vorteil der Verbraucher hat.
Die Folgen eines Kartellrechtsverstoßes dürfen nicht unterschätzt werden. Den beteiligten Unternehmen drohen hohe Bußgelder und u.U. Schadensersatzforderungen. Zudem sind die entsprechenden Vereinbarungen im Falle des Vorliegens eines Verstoßes unwirksam.
Auswirkungen der Missbrauchsaufsicht für marktmächtige Unternehmen
Bei öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur handelt es sich um regional oder sogar lokal abzugrenzende Märkte. Aus diesem Grund kann bereits in einem frühen Stadium des Ausbaus der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur eine marktbeherrschende Stellung einzelner Akteure vorliegen. Ihnen macht das Kartellrecht im Rahmen der Missbrauchsaufsicht bestimmte zusätzliche Vorgaben.
Bei der Flächenvergabe muss ein wettbewerbliches und diskriminierungsfreies Verfahren sichergestellt werden (vgl. Teil 2 des Beitrags). Marktbeherrschende Flächenanbieter müssen insbesondere darauf achten, wie sie die Entgelte und Nutzungsbedingungen gegenüber den nachfragenden CPOs ausgestalten. Auch hier ist zu beachten, dass dies nicht nur für private Unternehmen gilt, sondern auch für die öffentliche Hand, soweit sie nicht ausschließlich hoheitlich tätig wird.
Auf der Ebene des Vertriebs kann die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht in zweierlei Hinsicht zu beachten sein, wenn ein marktbeherrschender CPO auch als E-Mobility Provider (EMP) tätig wird. Gegenüber Endnutzern, die ihr Elektroauto unter Nutzung der Ladeinfrastruktur des marktbeherrschenden CPO laden, dürfen z.B. keine missbräuchlich überhöhten Entgelte für den Bezug des Ladestroms verlangt werden. Gegenüber anderen EMPs darf ein solcher marktbeherrschender und vertikal integrierter CPO z.B. einem anderen EMP den Zugang zu seiner Ladeinfrastruktur nicht zu derart hohen Preisen gewähren, dass es für diesen unrentabel ist, mit dem EMP‑Angebot des marktbeherrschenden CPO in Wettbewerb zu treten. Dies gilt auch für relativ marktmächtige CPOs, von denen andere EMP als Anbieter oder Nachfrager nach einer gewerblichen Leistung, hier dem Zugang zur Ladeinfrastruktur, abhängig sind.
Fazit
Für die Beteiligten beim Ausbau und Betrieb von öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur sind auf allen Wertschöpfungsstufen die kartellrechtlichen Vorgaben der Fusionskontrolle, des Kartellverbots und der Missbrauchsaufsicht zu beachten. Relevant wird dies etwa bei der Preisgestaltung, der Vereinbarung von Exklusivitäten oder langen Laufzeiten oder der unterschiedlichen Behandlung der nachgelagerten Akteure. Im Hinblick darauf, dass das Bundeskartellamt die Marktentwicklungen genau beobachten wird, sind Unternehmen gut beraten, die kartellrechtlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.