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Kommt die GmbH-gebV als neue Rechtsform für mehr Nachhaltigkeit?

Fachbeiträge
Kommt die GmbH-gebV als neue Rechtsform für mehr Nachhaltigkeit?

Nachhaltig, sinnorientiert, verantwortungsvoll im Umgang mit Ressourcen, Menschen und Kapital: Was viele mittelständische Familienunternehmer längst leben und auch Start-ups oft anstreben, gewinnt in der gesellschaftlichen Diskussion – Stichworte „CSR“, „ESG“ und „Purpose Economy“ – immer mehr an Bedeutung. Um diese Werte dauerhaft in Unternehmen zu verankern, fordern manche die Einführung einer neuen Rechtsform: eine „GmbH mit gebundenem Vermögen“ (GmbH-gebV). Unterstützer haben schon einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der Vorschlag findet sich auch im Koalitionsvertrag. Was hat es damit auf sich? Und ist das überhaupt nötig?

Weshalb eine neue Rechtsform?

Die neue Rechtsform soll es Unternehmen ermöglichen, ihren Zweck („Purpose“) nachhaltig zu verfolgen, ohne sich an Vermögensinteressen von Anteilseignern orientieren zu müssen. Gewinne sollen nicht als Selbstzweck angesehen werden, sondern durch Reinvestition dem Unternehmen und seinem Wachstum dienen. Wertsteigerungen und Überschüsse bleiben also im Unternehmen, ohne dass die Anteilseigner finanziell davon profitieren. Diese verstehen sich vielmehr als Treuhänder, die aus Überzeugung zum Erfolg des Unternehmens beitragen möchten. In der neuen Rechtsform sollen Unternehmen – vom Ziel der Gewinnmaximierung „befreit“ – gesellschaftlich und ökologisch verantwortungsvoller handeln können. Die Rechtsform soll so zu einer modernen und nachhaltigen Wirtschaft beitragen.

Was ist mit den „alten“ Rechtsformen?

Auch die bestehenden Rechtsformen, etwa die GmbH oder die GmbH & Co. KG, ermöglichen ein nachhaltiges und gemeinwohlorientiertes Wirtschaften. Das Unternehmen selbst kann gestärkt werden, indem der Gesellschaftsvertrag die Reinvestition des Gewinns vorschreibt, Abfindungen beschränkt und Anteilsübertragungen nur auf bestimmte Erwerber zulässt. Verfolgt eine GmbH gemeinnützige Zwecke wie etwa die Förderung des Umwelt- und Klimaschutzes, kann sie als gemeinnützige GmbH (gGmbH) sogar steuerlich begünstigt sein.

Allerdings: Der Gesellschaftsvertrag kann auch wieder geändert werden. Selbst wenn dafür Einstimmigkeit festgelegt wird und die Gesellschafter von den getroffenen Regelungen überzeugt sind, ist nicht garantiert, dass es durch spätere Veränderungen ihrer Lebenssituation oder im Gesellschafterbestand – etwa im Todesfall oder durch den Einstieg eines Investors – nicht doch zu einer einstimmigen Änderung kommt. Auch das sogenannte „Veto-Share-Modell“ – die Aufnahme eines Minderheitsgesellschafters allein zu dem Zweck, unerwünschte Änderungen im Gesellschaftsvertrag zu verhindern – birgt Risiken und Nachteile.

Eine rechtlich bindende, dauerhafte Absicherung kann derzeit nur mittels einer Stiftung erreicht werden, auf die z.B. die Gesellschaftsbeteiligung übertragen wird. Macht der Stifter Vorgaben zum Zweck und zur Führung des Unternehmens, ist die Stiftung daran gebunden und muss diese Vorgaben umsetzen. Hierüber wachen Stiftungsorgane und auch die staatliche Stiftungsaufsicht. Solche Stiftungslösungen werden jedoch teils als zu bürokratisch, aufwendig und teuer kritisiert, zumindest für mittlere und kleine Unternehmen. Die dauerhafte Bindung an den Stifterwillen kann zudem auf Kosten der Flexibilität gehen.

Wie soll die neue Rechtsform aussehen?

Die vorgeschlagene GmbH mit gebundenem Vermögen wäre eine Mischform aus GmbH und Stiftung, in der das nachhaltige Wirtschaften fest verankert ist. Gemeint ist damit keine „Nachhaltigkeit“ im Sinne des Klimaschutzes oder des Gemeinwohls, sondern „nur“ die langfristig gesicherte Verfolgung des jeweiligen Unternehmenszwecks (der aber natürlich auch etwa im Klimaschutz bestehen kann). Während die Gesellschafter über ihre Stimm- und Teilhaberechte im Unternehmen mitwirken, es leiten und auch eine angemessene Tätigkeitsvergütung erhalten, sollen Gewinnausschüttungen verboten und das Unternehmensvermögen ihrem Zugriff entzogen sein („Asset Lock“). Im Fall einer Kündigung würden Gesellschafter nur ihre Einlage erhalten und keine am Unternehmenswert bemessene Abfindung. Anteilsübertragungen wären nur zum Nennwert auf bestimmte Erwerber bei mehrheitlicher Zustimmung der Gesellschafter möglich. All diese Vorgaben wären gesetzlich bindend und könnten von den Gesellschaftern selbst einstimmig nicht geändert werden. Sie sollen die Gesellschaft als bloßes Investitionsobjekt unattraktiv machen und dafür sorgen, dass Anteile nur innerhalb einer „Wertefamilie“ weitergegeben werden, die sich mit dem Unternehmenszweck verbunden fühlt. Damit soll diese Rechtsform auch eine Alternative für die Unternehmensnachfolge darstellen, wenn kein geeigneter Nachfolger innerhalb der eigenen (genetischen) Familie vorhanden ist. Anstelle eines Verkaufs etwa an einen Investor könnte der Inhaber die neue Rechtsform wählen, damit das Unternehmen langfristig und selbständig von Personen mit denselben Werten fortgeführt wird.

Wie geht es weiter?

Sind Unternehmer genauso motiviert, wenn sie nicht selbst finanziell profitieren? Unterstützer der GmbH mit gebundenem Vermögen verweisen auf die intrinsische Motivation, die sich aus der Begeisterung für eine Idee und sinnstiftender, selbstbestimmter Arbeit ableitet. Dass finanzielle Anreize jedoch zum Erfolg beitragen können und ein nachhaltiges, intrinsisch motiviertes Wirtschaften auch nicht ausschließen, zeigen jedenfalls viele (Familien-)Unternehmer seit Generationen. Neben dem Sinn kann auch die Notwendigkeit der vorgeschlagenen Rechtsform zumindest hinterfragt werden. Vieles von dem, was sie verspricht, kann auch mit den bereits vorhandenen Rechtsformen umgesetzt werden. Wer sich also durch die Idee der „GmbH-gebV“ angesprochen fühlt, braucht nicht unbedingt zu warten, ob und in welcher Form die neue Rechtsform tatsächlich kommen wird.

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