Kontakt

Ob Sie lieber eine E-Mail senden, zum Telefon greifen oder das gute alte Fax nutzen. Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.

Anruf unter
+49 711 86040 00
Fax unter
+49 711 86040 01

Kartellrechtliche Probleme bei der Vergabe von Wasserkonzessionen vermeiden

Öffentliche Hand
Kartellrechtliche Probleme bei der Vergabe von Wasserkonzessionen vermeiden

Der Abschluss von Wasserkonzessionsverträgen ist häufig Gegenstand kartellrechtlicher Auseinandersetzungen. Wie sich solche Streitigkeiten vermeiden lassen, lässt sich an einer neuen Entscheidung des OLG Naumburg exemplarisch nachvollziehen. Kommunen sind bei der Vergabe der Wasserkonzession üblicherweise marktbeherrschend in ihrem jeweiligen Gebiet und unterliegen daher dem kartellrechtlichen Diskriminierungsverbot nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB. Den Verhaltensanforderungen des Diskriminierungsverbots kann daher häufig nur durch eine Ausschreibung der Vergabe der Trinkwasserkonzession in einem wettbewerblichen Verfahren genügt werden. Alternativ bietet sich die Gründung einer inhouse-fähigen Gesellschaft mit nachfolgender Direktvergabe an.

Bloße Transparenz genügt nicht

Die Kommune hatte sich im vorliegenden Fall entschlossen, den Konzessionsvertrag für die Trinkwasserversorgung ab dem 1. Januar 2023 mit einer Laufzeit von 25 Jahren unmittelbar und ohne ein wettbewerbliches Verfahren mit einer von ihr beherrschten Gesellschaft (im Folgenden: S. GmbH) abzuschließen. Zur Herstellung von Transparenz veröffentlichte die Kommune diese Absicht im Supplement des EU-Amtsblatts vom 12. Juni 2020. Der Vertrag wurde vierzehn Tage später geschlossen. Die S. GmbH zeigten den Vertragsschluss bei der Landeskartellbehörde an. Diese machte keine Einwände dagegen geltend.

Ein im Bereich der Abwasserentsorgung und der Trinkwasserversorgung tätiges Unternehmen klagte gegen die Kommune, da sie das Prinzip der diskriminierungsfreien Konzessionsvergabe verletzt sah. Das Gericht stellte daraufhin die Unwirksamkeit des Konzessionsvertrags fest. Nach Auffassung des OLG Naumburg ist der Konzessionsvertrag gemäß § 134 BGB i.V.m. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB nichtig, weil die Kommune ihre marktbeherrschende Stellung als Konzessionärin missbraucht hat.

Wettbewerb durch Ausschreibung erforderlich

Die Vergabe von Trinkwasserkonzessionen fällt aufgrund der Bereichsausnahme in § 149 Nr. 9 GWB zwar nicht in den Anwendungsbereich des Vergaberechts, findet aber nach dem Urteil des OLG Naumburg gleichwohl „nicht im rechtsfreien Raum statt“. Für die Beantwortung der Frage, ob eine kartellrechtswidrige Diskriminierung vorliegt, ist nach Ansicht des OLG Naumburg auf die Wertungen des aus dem Primärrecht der EU (Art. 49, 56 AEUV) abgeleiteten Transparenzgebots abzustellen. Diese verlangen von einem öffentlichen Auftraggeber „einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit“, um Wettbewerb zu ermöglichen, der jedenfalls bei einer Direktvergabe nicht erfüllt ist. Das OLG Naumburg bewertete im vorliegenden Fall die Bekanntmachung der beklagten Kommune als untaugliches Mittel, Transparenz herzustellen, da diese lediglich die bereits vor Veröffentlichung beschlossene Direktvergabe an die S. GmbH mitgeteilt, nicht aber den Zugang zum Wettbewerb eröffnet hat.

Die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Ausschreibungspflicht als Inhouse-Vergabe lagen im streitgegenständlichen Fall nicht vor, da die S. GmbH nicht lediglich im Wesentlichen für die beklagte Kommune tätig war. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oblag ihr auch der Betrieb des Freizeit- und des Sportbades sowie seit Jahresbeginn 2020 der Betrieb der Straßenbeleuchtung und die Durchführung der Wochenmärkte im Stadtgebiet. Insoweit war die S. GmbH nicht nur im Wesentlichen für die beklagte Kommune tätig, sondern in einem nicht marginalen Umfang auch in einem Marktumfeld. Die S. GmbH war somit nicht inhouse-fähig. Eine Direktvergabe war unzulässig.

Praxistipp: Gründung einer inhouse-fähigen Gesellschaft

Märkte wie die der Wasserversorgung bilden ein natürliches Monopol, bei denen ein hohes Missbrauchspotenzial besteht. In diesen Bereichen haben die öffentliche Hand und ihre Unternehmen in besonderer Weise auf die Einhaltung der kartellrechtlichen Regelungen zu achten. Anders als bei der Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen ist nach der Rechtsprechung im Bereich der Wasserkonzessionen allerdings auch eine Inhouse-Vergabe zulässig. Ob eine solche möglich ist, muss im Einzelfall vorab sorgfältig geprüft werden. Im dargestellten Fall scheiterte eine Inhouse-Vergabe, weil die Umsätze der S. GmbH in (zu) hohem Maße aus wettbewerblichen Tätigkeitsbereichen stammten, in deren Rahmen die S. GmbH nicht weit überwiegend für die Kommune tätig war. Will eine Gemeinde eine Wasserkonzession demnach „inhouse“ vergeben, ist die Gründung einer neuen inhouse-fähigen Gesellschaft empfehlenswert, um kartellrechtlichen Streitigkeiten vorzubeugen.

Maßgebliche Entscheidung: OLG Naumburg, Urt. v. 03.06.2022 – 7 U 6/22 Kart

Zurück