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Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge (Teil 1: Beihilfenrecht)

Öffentliche Hand
Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge (Teil 1: Beihilfenrecht)

Ein entscheidender Faktor für das Gelingen der Energiewende ist die Etablierung der Elektromobilität im Individualverkehr. An diesem Umstand hat auch der abrupte Stopp der Förderung von E-Autos durch die Bundesregierung Anfang 2024 nichts geändert. Um eine flächendeckende Nutzung von Elektromobilität voranzutreiben, muss insbesondere öffentliche Ladeinfrastruktur in ausreichendem Maß vorhanden sein. Der dreiteilige Beitrag in der aktuellen Ausgabe beschäftigt sich mit den beihilfen-, vergabe- sowie kartellrechtlichen Rahmenbedingungen.

Der vorliegende erste Teil fokussiert sich auf die beihilfenrechtlichen Rahmenbedingungen. Die Schaffung einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur erfordert ein hohes Maß an Investitionen. Wenn diese Herausforderungen nicht allein durch den Markt gelöst werden können, kommt eine staatliche Unterstützung in Form einer Anschubfinanzierung in Betracht. Dabei sind jedoch die strengen Vorgaben des EU-Beihilfenrechts zu beachten.

Der unionsrechtliche Beihilfenbegriff und Anmeldepflicht

Eine staatliche Maßnahme gilt nur dann als Beihilfe gem. Art. 107 AEUV, wenn sie die folgenden fünf Kriterien kumulativ erfüllt:

  1. Es handelt sich um eine Maßnahme zugunsten eines Unternehmens.
  2. Sie wird aus öffentlichen Mitteln finanziert.
  3. Sie hat begünstigende Wirkung für das Unternehmen.
  4. Sie begünstigt ein bestimmtes Unternehmen (Selektivität).
  5. Sie ruft die Gefahr einer Verfälschung des Wettbewerbs sowie eine Beeinträchtigung des grenzüberschreitenden Handels hervor.

Staatliche Fördermaßnahmen, die als Beihilfen eingestuft werden, müssen grundsätzlich vor ihrer Gewährung bei der Europäischen Kommission angemeldet und von dieser genehmigt werden. Diese Notifizierungspflicht soll sicherstellen, dass die Förderung mit dem EU-Beihilferecht vereinbar ist. Die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung („AGVO“) stellt jedoch Beihilfen von dieser Anmeldepflicht frei, die bestimmte, in der AGVO festgelegte Kriterien erfüllen und daher als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden.

Art. 36a AGVO und Ladeinfrastruktur

Durch die jüngsten Anpassungen der AGVO können Lade- und Tankinfrastruktur nach Art. 36a AGVO gefördert und deren Aufbau vereinfacht und beschleunigt werden. Dazu wurden die Anforderungen gelockert und der Anwendungsbereich erweitert:

  • Anwendungsbereich und beihilfefähige Kosten: Die Regelungen erstrecken sich auf alle Arten von Ladeinfrastrukturen, nicht nur auf öffentlich zugängliche. Dies öffnet die Tür für die Förderung von Ladeinfrastruktur innerhalb geschlossener Betriebe, was insbesondere für Unternehmen von Bedeutung ist. Beihilfefähige Kosten umfassen gemäß Art. 36a Abs. 3 AGVO etwa die Kosten für die Infrastruktur selbst, Installation von Stromkabeln und Transformatoren sowie Baumaßnahmen und Genehmigungen. Zusätzlich können sie unter bestimmten Voraussetzungen Investitionskosten für erneuerbare Energieerzeugung oder -speicherung am Standort der Infrastruktur abdecken.
  • Energiequellen: Der Fokus liegt auf Ladeinfrastruktur, die Strom und Wasserstoff bereitstellt. Ein besonderer Schwerpunkt wird auf die Förderung erneuerbarer Energiequellen gelegt. Spätestens im Jahr 2035 sollten die Voraussetzungen für die Nutzung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen gegeben sein.
  • Wettbewerbliches Ausschreibungsverfahren: Die Freistellung mit einer hohen Beihilfenintensität (bis zu 100 % der beihilfefähigen Kosten) erfordert grundsätzlich ein wettbewerbliches Vergabeverfahren (vgl. Teil 2 des Beitrags). Eine Beihilfenregelung ohne Ausschreibungsverfahren ermöglicht je nach Unternehmensgröße eine Beihilfenintensität von 20-50 %. Das Vergabeverfahren muss dabei bestimmte Anforderungen erfüllen, u.a. die Festlegung von mindestens 70 % der Auswahlkriterien basierend auf der Höhe der Beihilfe im Verhältnis zum Beitrag des Vorhabens zu den Umweltzielen. Die restlichen 30 % der Auswahlkriterien und einige andere Aspekte lassen den staatlichen Fördergebern einen gewissen Gestaltungsspielraum.
  • Schwellenwerte und Ausnahmen: Die Obergrenze für die Förderung ohne vorherige Anmeldung wurde bei der letzten Änderung der AGVO erhöht, was bedeutet, dass größere Projekte einfacher und schneller umgesetzt werden können. Die Anmeldeschwelle beträgt nun 30 Mio. EUR je Unternehmen und Projekt bzw. bei Beihilfenregelungen ein durchschnittliches jährliches Budget von 300 Mio. EUR.
  • Diskriminierungsfreier Zugang und Marktpreis bei öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur: Für öffentlich zugängliche Infrastrukturen ist es erforderlich, dass der Zugang diskriminierungsfrei erfolgt (vgl. auch Teil 3 des Beitrags) und die Preise dem Marktwert entsprechen. Dies soll verhindern, dass Beihilfen indirekt und mittelbar an bestimmte Nutzergruppen gewährt werden.
  • Nachweis der Erforderlichkeit: In der Regel muss nachgewiesen werden, dass die betreffenden Investitionen nicht auch innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten der Beihilfemaßnahme unter Marktbedingungen getätigt würden. Diese besondere Anforderung gilt ausschließlich für öffentlich zugängliche Ladeinfrastrukturen.
  • Betrieb durch Dritte: Wird die Infrastruktur nicht vom Beihilfeempfänger selbst, sondern von einem Dritten betrieben, so muss die Vergabe der Konzessionen oder sonstigen Aufträge in einem offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren erfolgen. Damit wird sichergestellt, dass dem Betreiber keine unzulässigen indirekten Beihilfen gewährt werden und die Gegenleistung den Marktbedingungen entspricht.

Fazit

Die Förderung der Errichtung von Ladeinfrastruktur unterliegt komplexen rechtlichen Anforderungen. Die staatliche Förderung ist u.U. möglich und notwendig, erfordert aber eine sorgfältige Abstimmung mit dem EU-Recht. Die jüngsten Änderungen der AGVO vereinfachen die Verfahren zur Beantragung von Beihilfen, um eine schnelle und effiziente Umsetzung von Ladeinfrastruktur zu fördern. Dies unterstützt die europäische Initiative zur Entwicklung einer nachhaltigen Verkehrsinfrastruktur.

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