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Keine Satzungsvorgaben für CSG-Bericht – „Say on Climate“ ante portas?
Die Satzung der AG kann dem Vorstand keine inhaltlichen Vorgaben für die nichtfinanzielle Erklärung bzw. Konzernerklärung (§ 289b, § 315b HGB) machen. Das OLG Braunschweig hat mit Beschluss vom 8. Mai 2023 (Az.: 2 W 25/23, rechtskräftig) ein diesbezügliches Ergänzungsverlangen zur Hauptversammlung von „aktivistischen“ Investoren für unzulässig erklärt.
Inhaltliche Vorgaben für ESG-Bericht greifen in Leitungsbefugnis des Vorstands ein
Zur Hauptversammlung 2023 der Volkswagen AG hatten Pensionsfonds, die knapp 0,1 % der Aktionäre repräsentierten, gemäß § 122 Abs. 3 S. 1 AktG beantragt, über eine von ihnen vorgeschlagene Satzungsänderung abstimmen zu lassen. Diese Änderung sollte den Vorstand dazu verpflichten, in der nichtfinanziellen Erklärung klimaschutzbezogene Lobbytätigkeiten und Verbandsmitgliedschaften der Konzerngesellschaften zu offenbaren und darzulegen, wie diese Aktivitäten zur Minderung aus dem Klimawandel resultierender Risiken für die Konzerngesellschaften beitragen.
Das OLG Brandenburg hat die Zurückweisung des Antrags durch die Vorinstanz AG Braunschweig (Beschluss vom 16. März 2023, Az.: 118 AR 13/22) bestätigt und folgt damit der überwiegenden Literaturauffassung. Die Vorgabe (zusätzlicher) konkreter Inhalte der CSR-(Corporate Social Responsibility)-Berichterstattung in der Satzung sei im Hinblick auf den damit verbundenen Eingriff in den Kernbereich der Leitungsautonomie des Vorstands (§ 76 Abs. 1 AktG) unzulässig. Dies sei insbesondere der Fall, wenn hierdurch mittelbar Einfluss auf die Geschäftspolitik ausgeübt würde. Die Zuständigkeit für die sog. CSR-Berichterstattung obliege dem Vorstand, der über Inhalt und Umfang der Erfüllung dieser Berichtspflicht entscheidet. Die Hauptversammlung besitze folglich keine Kompetenz, auf die CSR-Berichterstattung konkret Einfluss zu nehmen.
„Say on Climate“-Initiative auf dem Vormarsch?
Die Initiative der „aktivistischen“ Investoren in dem vom OLG Braunschweig entschiedenen Fall ist auch vor dem Hintergrund der internationalen „Say on Climate“-Initiative zu betrachten. Diese Initiative – ausgehend vor allem von den USA und Frankreich – hat nun auch Deutschland erreicht und sich eine verstärkte Mitsprache der Hauptversammlung beim Klimaschutz zum Ziel gesetzt. Es wird beispielsweise die Einführung eines konsultativen Votums der Hauptversammlung vorgeschlagen, das insbesondere einen Klima-Übergangsplan („Say on Climate“) oder die CSR-Berichterstattung („Say on ESG“) betrifft. Parallelen können zu dem bereits bestehenden Votum zu Vergütungssystem und -bericht nach § 120a AktG („Say on Pay“) gezogen werden. Eine solche Entwicklung entspreche den Erwartungen internationaler Investoren, fördere die Aktionärsdemokratie und stärke den Dialog zwischen Aktionären und Verwaltung.
In der intensiv geführten Diskussion sind die Reformvorschläge rechtspolitisch hoch umstritten. So werden Auswirkungen auf das Kompetenzgefüge zwischen Hauptversammlung auf der einen und Vorstand und Aufsichtsrat auf der anderen Seite befürchtet. In der Konsequenz beschränken „Say on Climate“ und „Say on ESG“ das Leitungsermessen des Vorstands in Richtung der Verfolgung von Klimaschutzzielen und schwächen zudem die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats im Verhältnis zur Hauptversammlung. Zweifel bestehen aber vor allem hinsichtlich des Grundanliegens der Initiative, ob ein Votum der Hauptversammlung überhaupt geeignet ist, einen effektiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Dies würde auch eine entsprechende Befassung der Aktionäre mit dem CSG-Bericht voraussetzen.
Freiwilliger Konsultativbeschluss der Hauptversammlung?
Nach herrschender Lesart besteht, abgesehen von der Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen, keine allgemeine Pflicht des Vorstands zur Verfolgung von Gemeinwohlbelangen zu Lasten der Aktionärsinteressen – er darf es, muss es aber nicht. Zu einer Übereinstimmung der Interessen kommt es aber, soweit die Geschäftsstrategie zur langfristigen Renditesicherung auch die Reputation des Unternehmens und die Resilienz des Geschäftsmodells angesichts zu erwartender regulatorischer Änderungen berücksichtigen muss. Zudem kann die Attraktivität der Aktie für (institutionelle) Investoren mit entsprechenden Anliegen ein maßgeblicher Faktor sein.
Vor diesem Hintergrund könnte es im Rahmen einer Nachhaltigkeitsstrategie auch für Vorstand und Aufsichtsrat mittelständischer börsennotierter Gesellschaften eine Überlegung wert sein, der Hauptversammlung einen unverbindlichen Konsultativbeschluss bspw. über die nichtfinanzielle Konzernerklärung vorzuschlagen. Das damit verbundene Risiko einer geringen Billigungsquote der Hauptversammlung wäre mit dem Potenzial abzuwägen, den Aktionären mit einem freiwilligen „Say on ESG“ eine gute CSG-Performance verstärkt vor Augen zu führen. Diese gewinnt wegen den steigenden Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung durch die EU-Taxonomie auch zunehmend an Bedeutung.