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Jetzt also doch! Zukünftig Textform statt Schriftform bei Gewerberaummietverträgen
Nach teils unterschiedlichen Reformvorschlägen ist es nun offiziell: Die Textform ersetzt das gesetzliche Schriftformgebot für Gewerberaummietverhältnisse. Der Bundesrat hat dem vom Bundestag beschlossenen Vierten Bürokratieentlastungsgesetz („BEG IV“) zugestimmt. Eines der Kernthemen des BEG IV ist die Absenkung von Formerfordernissen im Zivilrecht. Künftig wird für den Abschluss und für nachträgliche Änderungen von Gewerberaummietverträgen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr die Textform ausreichen. Das Gesetz wurde am 23. Oktober 2024 im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt bereits am 1. Januar 2025 in Kraft. Für bestehende Mietverträge gilt eine einjährige Übergangsfrist.
Bedeutung der Textform
Die Textform im Sinne von § 126b BGB verlangt eine Erklärung in lesbarer Form, die den Absender nennt und auf einem dauerhaften Datenträger gespeichert ist oder werden kann. Diese Anforderungen erfüllt beispielsweise eine E-Mail, ein PDF-Dokument oder ein anderes elektronisches Dokument. Auch eine von den Vertragsparteien eigenhändig unterschriebene Mietvertragsurkunde (über-)erfüllt weiterhin die Anforderungen.
Anwendung und Folgen für die Praxis
Die Rechtsprechung formte zur Einhaltung der mietvertraglichen Schriftform den Grundsatz der Einheitlichkeit der Urkunde. Soweit dieser auch auf die Textform übertragen wird, was aus Gründen des Erwerberschutzes naheliegend ist, genügt der bloße Austausch von WhatsApp-Nachrichten auch nach der Gesetzesänderung nicht, um einen langfristigen Mietvertrag formgerecht abzuschließen oder zu ändern. Stattdessen müssen die Vertragsparteien eine elektronische Signatur zu einer Textdatei hinzufügen, die den Mietvertrag und alle Anlagen enthält. Eine Unterzeichnung des Mietvertrags per elektronischer Signatur, zum Beispiel über DocuSign, wird zukünftig möglich sein und die Voraussetzungen der Textform erfüllen.
Für Gewerberaummietverhältnisse, die vor Inkrafttreten des BEG IV abgeschlossen wurden, bleibt das bisherige Schriftformerfordernis noch für 12 Monate nach Inkrafttreten anwendbar. Für Änderungen an solchen bestehenden Mietverhältnissen sowie für den Abschluss neuer Mietverhältnisse nach Inkrafttreten genügt zukünftig die Textform.
Auch bei neuen Mietverträgen mit einer Festmietzeit von mehr als einem Jahr können die Parteien jedoch auch zukünftig freiwillig die Schriftform aus § 550 BGB für Gewerberaummietverhältnisse vereinbaren. Wichtig ist, dass Vermieter und Mieter dann die Zweifelsregelung des § 125 Satz 2 BGB eindeutig ausschließen, um bei einem Schriftformmangel das Risiko der Nichtigkeit des Mietverhältnisses zu umgehen.
Auf den ersten Blick wird vieles einfacher und moderner. Die Textform wird den meist zeitaufwändigen Prozess eines Vertragsabschlusses erleichtern, da Mietverträge und deren Anlagen ohnehin oft ohnehin als elektronische Dokumente vorliegen. Unterschriftstermine und der postalische Versand von Mietvertragsurkunden können zukünftig entfallen.
Folgen für Immobilientransaktionen
Die gesenkten Anforderungen der Textform dürften in Immobilientransaktionen zu einem erhöhten Prüfungsaufwand führen. Durch die vereinfachte Möglichkeit, Mietvertragsänderungen vorzunehmen, sind Käufer von Immobilien zukünftig angehalten, besonders vorsichtig zu agieren. Im Rahmen der rechtlichen Due Diligence-Prüfung müssten Verkäufer sämtliche Korrespondenz zu bestehenden Gewerberaummietverträgen einer Immobilie offenlegen, um dem Käufer deren Überprüfung zu ermöglichen. Bei Immobilienkaufverträgen werden durch den Verkäufer abzugebende Vollständigkeitsgarantien wohl zunehmen. Diese Garantien sollen den Käufer vor nicht textformkonformen mietvertraglichen Nebenabreden absichern und sicherstellen, dass sämtliche Mietvertragsvereinbarungen im Zuge des Verkaufsprozesses offengelegt wurden.
Empfehlung
Vermietern und Mietern ist zu empfehlen, bestehende Mietverträge vor Inkrafttreten des BEG IV zeitnah auf Schriftformmängel zu prüfen, wenn Hinweise auf Verstöße gegen die bisherige Schriftform bestehen, die jedoch keinen Verstoß gegen die Textform darstellen würden. Dies ist insbesondere dann ratsam, wenn eine vorzeitige Kündigung des Mietverhältnisses in Betracht kommt. Ebenso kann es sinnvoll sein, durch eine kurzfristige Vertragsänderung zu einem beliebigen Regelungsgegenstand an einem bestehenden Mietvertrag die Übergangsfrist für das Textformgebot abzukürzen. So lässt sich das Risiko einer vorzeitigen Kündigung aufgrund eines Schriftformmangels, der nicht gleichzeitig ein Textformverstoß ist, umgehen.