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Ausschluss der Heimfallvergütung im Erbbaurechtsvertrag
Bei der Bestellung von Erbbaurechten durch eine Gemeinde als Grundstückseigentümerin ist es üblich, dass dem Erbbauberechtigten die Verpflichtung zur Bebauung innerhalb einer angemessenen Frist auferlegt wird. Hintergrund ist, dass die Ausgabe eines Erbbaurechts in der Regel das Ziel verfolgt, kommunale Grundstücke einer Nutzung zuzuführen, die öffentlichen Zwecken dient. Dem daraus folgenden Bedürfnis der Gemeinde nach einer Sanktionierung der Bauverpflichtung wird oftmals durch Vereinbarungen Rechnung getragen, die einen Ausschluss der Heimfallvergütung vorsehen.
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 19. Januar 2024 (V ZR 191/22) entschieden, dass ein solcher Ausschluss grundsätzlich wirksam vereinbart werden kann, die Geltendmachung des Heimfallanspruchs in diesen Fällen aber einer strengen Ausübungskontrolle unterliegt.
Sachverhalt
In dem konkret zu entscheidenden Fall hat eine Gemeinde im November 2014 mit einem gemeinnützigen Verein eine als Erbbaurechtsvertrag bezeichnete notarielle Vereinbarung abgeschlossen. Mit dieser wurde dem Verein für die Dauer von mindestens 60 Jahren ein Erbbaurecht an einem Grundstück der Gemeinde eingeräumt. Gleichzeitig wurde der Verein unter anderem verpflichtet, das Grundstück innerhalb von vier Jahren mit einer Moschee und einem Kulturhaus zu bebauen. Die Vereinbarung sah vor, dass die Rückübertragung des Erbbaurechts auch vor Zeitablauf verlangt werden konnte, wenn die Bauverpflichtung nicht fristgerecht erfüllt würde. Für diesen Fall war die Vergütung für das Erbbaurecht ausgeschlossen.
Nachdem der Verein die baulichen Anlagen im Dezember 2018 noch nicht fertiggestellt hatte, machte die Gemeinde den Heimfall geltend.
Entscheidung
Die in dem zugrundeliegenden Erbbaurechtsvertrag vereinbarte Bauverpflichtung verstößt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung. Die Gemeinde kann auf diesem Wege ihr Ziel verfolgen, das Grundstück in angemessener Zeit einer Nutzung zuzuführen, die öffentlichen Zwecken dient.
Der Bundesgerichtshof erkennt die Möglichkeit der Sanktionierung durch den Heimfallanspruch auch für den Fall an, dass die Heimfallvergütung abweichend von der gesetzlichen Regelung in § 32 Abs. 1 des Erbbaurechtsgesetzes ausgeschlossen wird. Dies wird insbesondere mit dem Umstand begründet, dass der Heimfall in der Regel einen Verstoß des Erbbauberechtigten gegen seine vertraglichen Pflichten voraussetzt. Dieser hat es somit selbst in der Hand, einen entschädigungslosen Heimfall zu vermeiden. Die Gemeinde kann sich auf einen vorzeitigen Heimfall hingegen nicht vorbereiten und wäre – sollte die Vergütung nicht ausgeschlossen werden können – zur kurzfristigen Bereitstellung von Haushaltsmitteln oder zu einem Verzicht auf die Ausübung ihres Rechts gezwungen.
Den Interessen des Erbbauberechtigten muss jedoch im Einzelfall durch eine strenge Ausübungskontrolle Rechnung getragen werden. Im Wege einer Ermessensentscheidung hat die Gemeinde daher einerseits Art und Bedeutung des Heimfallgrundes und andererseits die Folgen des vergütungslosen Heimfalls für den Erbbauberechtigten abzuwägen. Die Forderung nach der Rückübertragung kann nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hiernach etwa unverhältnismäßig sein, wenn die Vertragsverletzung des Erbbauberechtigten nicht als schwerwiegend anzusehen ist, beispielsweise weil das Bauwerk ganz oder weitestgehend fertiggestellt ist, der Erbbauberechtigte erhebliche Investitionen getätigt hat und die Gemeinde absehbar in der Lage sein wird, das Bauwerk anderweitig zu nutzen oder zu verwerten.
Fazit
Im Rahmen der Bestellung von Erbbaurechten an kommunalen Grundstücken haben Gemeinden ein berechtigtes Interesse daran, dass die vorgesehene Bebauung auch entsprechend realisiert wird. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs gewährt Gemeinden die Möglichkeit, diese Bauverpflichtungen durch ein Heimfallrecht abzusichern und die Grundstücke auch ohne die Gewährung einer Heimfallvergütung zurückzuerlangen.
Sowohl die Gestaltung entsprechender Klauseln in Erbbaurechtsverträgen als auch die Ausübung der Heimfallrechte sind jedoch stets an dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen, wobei die Rechtsprechung insbesondere im Rahmen der Ausübungskontrolle einen strengen Maßstab anlegt.
Maßgebliche Entscheidung: BGH, Urt. v. 19.01.2024 – V ZR 191/22