Ob Sie lieber eine E-Mail senden, zum Telefon greifen oder das gute alte Fax nutzen. Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Die Pflicht zur Entflechtung von Ladesäulen kommt – nur etwas später

Der Bundestag hat am 31. Januar 2025 beschlossen die Übergangsfrist für die Umsetzung der Entflechtung von Stromverteilernetzen und Ladesäulen für Elektrofahrzeuge durch kleine und mittlere Verteilnetzbetreiber bis zum 31. Dezember 2026 zu verlängern. Am 14. Februar 2025 hat diese Änderung auch den Bundesrat passiert.
Die betroffenen Verteilnetzbetreiber sollten die verbleibende Zeit nutzen und die Entflechtung zügig umsetzen, sofern dies noch nicht geschehen ist.
Ausgangslage
Um Wettbewerb in den Bereichen Erzeugung und Vertrieb von Strom zu fördern, ist ein transparenter und diskriminierungsfreier Netzbetrieb (d.h. Übertragung und Verteilung von Strom) erforderlich. Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) schreibt daher vor, dass Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen, die zum einen im Bereich der Erzeugung und/oder Vertrieb von Strom tätig und zum anderen für den Netzbetrieb zuständig sind (sog. vertikal integrierte Unternehmen), entflochten werden müssen. Dies bedeutet, dass der Netzbetrieb auf unterschiedliche Art und Weise von den Bereichen Erzeugung und Vertrieb getrennt werden muss. Das EnWG sieht dafür verschiedene Entflechtungsmaßnahmen mit unterschiedlich starken Auswirkungen vor (informatorische, buchhalterische, operationelle, rechtliche und eigentumsrechtliche Entflechtung).
Informatorische und buchhalterische Entflechtungsmaßnahmen müssen alle betroffenen Unternehmen ergreifen. Sofern aber an das jeweilige Verteilernetz weniger als 100.000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind, besteht weder eine Pflicht zur operationellen noch zur rechtlichen Entflechtung des Netzbetriebs. Solche Unternehmen werden als De-minimis-Unternehmen bezeichnet. Netzbetrieb und Erzeugung/Vertrieb von Strom dürfen von diesen Unternehmen weiterhin in einer Gesellschaft betrieben werden, ohne organisatorische Entflechtungsmaßnahmen (z.B. personelle Trennung sowie separate technische und finanzielle Ausstattung) ergreifen zu müssen. Bei den De-minimis-Unternehmen handelt es sich oft um kleine und mittlere Stadtwerke.
Eigentums- und Tätigkeitsverbot des § 7c Abs. 1 S. 1 EnWG
Allerdings schreibt die 2021 in Kraft getretene Bestimmung des § 7c Abs. 1 S. 1 EnWG vor, dass Verteilnetzbetreiber weder Eigentümer von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge sein noch diese entwickeln, verwalten oder betreiben dürfen. Eine Ausnahme für De-minimis-Unternehmen gibt es nicht. Ihnen wurde für bestehende Ladesäulen lediglich mehr Zeit zur Umsetzung der Entflechtungsvorschriften gewährt, nämlich (bislang) bis 31. Dezember 2024. Dieses Eigentums- und Tätigkeitsverbot führt im Ergebnis dazu, dass auch De-minimis-Unternehmen zumindest ihre Ladesäulen sowie Dienstleistungen zur Entwicklung, Verwaltung und zum Betrieb von Ladesäulen operativ und rechtlich entflechten müssen. Mit anderen Worten: Ab 1. Januar 2025 darf ein vertikal integriertes Unternehmen weder Eigentümer von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge sein, noch diese entwickeln, verwalten oder betreiben. Dies hat weitreichende Folgen. Denn aus Sicht der Bundesnetzagentur umfasst der Begriff des „Entwickelns“ auch Vorarbeiten zum Betrieb der Ladesäulen, insb. die Planung, Genehmigung, Beschaffung und den Bau von Ladesäulen.
Nach der Verlängerung der Übergangsfrist, tritt diese Folge erst ab 1. Januar 2027 ein.
Lösungsmöglichkeiten
Die in § 7c Abs. 2 EnWG vorgesehene Ausnahmeregelung stellt in der Praxis keine sinnvolle Lösung dar. Das hierfür erforderliche regionale Marktversagen wird sich in den meisten Fällen nicht feststellen lassen, da bereits eine gewisse Marktstruktur an Ladesäulen besteht. Außerdem hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz von seiner Verordnungsermächtigung bislang keinen Gebrauch gemacht, weshalb eine entsprechende Ausnahmegenehmigung durch die Bundesnetzagentur noch nicht erteilt werden kann.
Stattdessen kommen insb. folgende Lösungen in Betracht, wenn die Ladesäulen weder stillgelegt noch an einen Dritten veräußert werden sollen:
Das Eigentum und der Betrieb der Ladesäulen wird auf eine andere Gesellschaft im vertikal integrierten Unternehmen übertragen, die nicht für den Netzbetrieb zuständig ist (Lösung 1). Ebenso können das Eigentum und der Betrieb der Ladesäule auf eine (ggf. neu zu gründende) Tochtergesellschaft des De-minimis-Unternehmens übertragen werden (Lösung 2). Da De-Minimis-Unternehmen nur bzgl. der Ladesäulen Entflechtungsmaßnahmen ergreifen und sich nicht grundsätzlich operationell und rechtlich entflechten müssen, ist dies möglich.
Bei beiden Lösungen ist zudem ein Augenmerk auf die Art der Übertragung zu legen, da hierbei insb. steuerliche Aspekte (z.B. Grunderwerbs- und Umsatzsteuer, ggf. Auswirkungen auf einen bestehenden steuerlichen Querverbund) relevant sind.
Fazit
Eine Verlängerung der Umsetzungsfrist ist zu begrüßen. Betroffene De-minimis-Unternehmen sollten zeitnah prüfen, welche ihrer Ladesäulen konkret von der Entflechtung betroffen sind (fraglich z.B. bei Contractingangeboten für Kliniken). Zudem müssen die Vorgaben des Eigentums- und Tätigkeitsverbots des § 7c Abs. 1 S. 1 EnWG innerhalb der verlängerten Frist wirtschaftlich und praktikabel umsetzbar sein, ohne dass bestehende Ladesäulen stillgelegt und der Aufbau neuer Ladesäulen gestoppt werden muss. Für den bundesweiten Ausbau von Ladesäulen ist dies von großer Bedeutung, denn gerade im kommunalen Bereich sind De-minimis-Unternehmen ein wichtiger Träger des flächendeckenden Ausbaus von Ladesäulen.