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Die neue Produktsicherheitsverordnung
Geltung
Seit dem 12. Juni 2023 ist die neue Produktsicherheitsverordnung für Verbraucherprodukte (EU) 2023/988 in Kraft. Die „General Produkt Safety Regulation“, kurz GPSR gilt ab dem 13. Dezember 2024 in jedem EU-Mitgliedstaat. Eine gesonderte Umsetzung durch die einzelnen Mitgliedstaaten ist nicht erforderlich. Die GPSR löst die Richtlinie 2001/95/EG ab, welche in Deutschland mit dem Produktsicherheitsgesetzt umgesetzt worden war.
Anwendungsbereich
Die GPSR gilt für neue, gebrauchte, reparierte oder wiederaufgearbeitete Verbraucherprodukte. Dies gilt allerdings nur, wenn es im Rahmen des Unionsrechts keine spezifischen Bestimmungen über die Sicherheit der betreffenden Produkte gibt, die dasselbe Ziel verfolgen. Relevant ist dabei, die Produkte in Verkehr zu bringen oder auf dem Markt bereitzustellen. „Bereitstellung auf dem Markt“ ist jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines Produkts zum Vertrieb, zum Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Unionsmarkt im Rahmen einer Geschäftstätigkeit. Beim Fernabsatz gilt ein Produkt bereits dann als auf dem Markt bereitgestellt, wenn es online oder über eine andere Form des Fernabsatzes zum Verkauf angeboten wird. Von der GPSR ausgenommen sind
- Human- und Tierarzneimittel,
- Lebensmittel,
- Futtermittel,
- lebende Pflanzen und Tiere, genetisch veränderte Organismen und genetisch veränderte Mikroorganismen in geschlossenen Systemen sowie Erzeugnisse von Pflanzen und Tieren, die unmittelbar mit ihrer künftigen Reproduktion zusammenhängen,
- tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte,
- Pflanzenschutzmittel,
- Beförderungsmittel, mittels derer Verbraucher sich fortbewegen oder reisen und die von Dienstleistungserbringern im Rahmen einer Transportdienstleistung, die Verbrauchern erbracht wird, direkt bedient werden und nicht von den Verbrauchern selbst bedient werden,
- Luftfahrzeuge gemäß Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe d der Verordnung (EU) 2018/1139,
- Antiquitäten.
Wen betrifft die GPSR?
Die neuen Vorschriften gelten für Wirtschaftsakteure wie Hersteller (auch Quasi-Hersteller), Bevollmächtigte, Einführer und Händler. Erweitert wurde der Anwendungsbereich um die sogenannten Fulfilment-Dienstleister, Online-Unternehmen und Online-Marktplätze. Fulfilment-Dienstleister im Sinne der GPSR ist jede natürliche oder juristische Person, die im Rahmen einer Geschäftstätigkeit mindestens zwei der folgenden Dienstleistungen anbietet: Lagerhaltung, Verpackung, Adressierung und Versand von Produkten, an denen sie kein Eigentumsrecht hat. Ausgenommen sind Postdienste Paketzustelldienste und alle sonstigen Frachtverkehrsdienstleistungen. Außerdem fällt in den Anwendungsbereich jede andere natürliche oder juristische Person, die Pflichten im Zusammenhang mit der Herstellung von Produkten oder deren Bereitstellung auf dem Markt hat.
Welche Neuerungen sieht die GPSR vor?
1. Hersteller
Hersteller sind künftig verpflichtet, für Verbraucher öffentlich zugängliche Kommunikationskanäle (wie etwa Telefonnummern, E-Mail-Adressen oder spezielle Rubriken auf ihrer Website) für Beschwerden und Hinweise auf Unfälle oder Sicherheitsprobleme einzurichten. Meldungen, die die Sicherheit ihrer Produkte betreffen und die vom Beschwerdeführer als gefährlich bezeichnet wurden, müssen Hersteller untersuchen. In einem internen Verzeichnis sind die Beschwerden, Produktrückrufe und ergriffene Korrekturmaßnahmen aufzuführen.
Ferner müssen Hersteller zu sämtlichen Verbraucherprodukten technische Unterlagen erstellen, die mindestens eine allgemeine Beschreibung des Produkts und seiner für die Bewertung seiner Sicherheit relevanten wesentlichen Eigenschaften enthalten. Vor dem Inverkehrbringen eines Produkts ist zusätzlich eine Risikoanalyse erforderlich. Hersteller müssen außerdem gewährleisten, dass dem Produkt klare Anweisungen und Sicherheitsinformationen beigefügt sind. Die Sprache muss für Verbraucher leicht verständlich sein und wird von demjenigen Mitgliedstaat festlegt, in dem das Produkt auf dem Markt bereitgestellt wird. Diese Anforderung gilt nicht, wenn das Produkt auch ohne solche Anweisungen und Sicherheitsinformationen sicher und wie vom Hersteller vorgesehen verwendet werden kann.
Als Hersteller gilt auch, wer ein Produkt so wesentlich verändert, dass es sich auf die Sicherheit des Produkts auswirkt. Die Kriterien einer physischen oder digitalen wesentlichen Änderung sind erfüllt, wenn:
- das Produkt in einer Weise verändert wird, die in der ursprünglichen Risikobewertung des Produkts nicht vorgesehen war,
- sich die Art der Gefahr ändert, eine neue Gefahr entstehtoder sich das Risikoniveau erhöht und
- die Änderungen nicht von den Verbrauchern selbst oder in ihrem Auftrag für ihren eigenen Bedarf vorgenommen wurde.
2. Einführer
Der Einführer hat u.a. zu gewährleisten, dass das Produkt, das er in Verkehr bringen möchte, dem allgemeinen Sicherheitsgebot entspricht und dass der Hersteller seiner Pflicht zur Durchführung einer Risikoanalyse und Erstellung technischer Unterlagen nachgekommen ist. Ferner muss der Einführer die Identifikations- und Herstellerkennzeichnung durch den Hersteller sicherstellen. Der Einführer ist darüber hinaus ebenfalls dafür verantwortlich, dass dem Produkt Gebrauchsanleitung und Sicherheitsinformationen beigefügt sind.
3. Händler
Bevor sie ein Produkt auf dem Markt bereitstellen, müssen Händler sich vergewissern, dass Hersteller und Einführer die Pflichten zur Identifikations- und Hersteller- bzw. Einführerkennzeichnung erfüllt und die Gebrauchsanleitung und Sicherheitsinformationen beigefügt haben. Bei Lagerung und Transport gewährleisten Händler, dass die Bedingungen die Konformität des Produkts mit dem allgemeinen Sicherheitsgebot sowie die Identifikations- und Hersteller- bzw. Einführerkennzeichnung und die Bereitstellung der Gebrauchsanleitung und Sicherheitsinformationen nicht beeinträchtigen.
4. Besonderheiten bei Fernabsatzgeschäften
Stellt ein Wirtschaftsakteur ein Produkt im Rahmen des Fernabsatzes auf dem Markt bereit, muss das Angebot des Produkts mindestens folgende eindeutigen und gut sichtbaren Angaben enthalten:
- Kontaktdaten des Herstellers,
- falls der Hersteller nicht in der Union niedergelassen ist: Kontaktdaten der für das in der EU in Verkehr gebrachte Produkt verantwortlichen Person,
- Angaben, die die Identifizierung des Produkts ermöglichen, einschließlich einer Abbildung des Produkts, seiner Art und sonstiger Produktidentifikatoren,
- Warnhinweise oder Sicherheitsinformationen in einer leicht verständlichen Sprache, die auf dem Produkt oder auf der Verpackung anzubringen oder in einer Begleitunterlage beizufügen sind.
5. Online-Marktplätze
Anbieter von Online-Marktplätzen müssen unter anderem eine zentrale Kontaktstelle benennen, über die sie mit den Marktüberwachungsbehörden der Mitgliedstaaten auf elektronischem Wege direkt kommunizieren können und sich beim Safety-Gate-Portal registrieren. Auf Anordnungen der Marktüberwachungsbehörde müssen sie unverzüglich, spätestens innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Eingang der Anordnung tätig werden.
6. Pflichten im Zusammenhang mit Unfällen
Verursacht ein in Verkehr gebrachtes oder auf dem Markt bereitgestelltes Produkt einen Unfall, müssen Hersteller diesen ab dem Zeitpunkt der Kenntnis unverzüglich den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem sich der Unfall ereignet hat, melden. Einführer und Händler müssen bei Kenntnis über einen solchen Vorfall unverzüglich den Hersteller unterrichten.
7. Rückrufe und Sicherheitswarnungen
Die GPSR gibt konkret vor, wie Wirtschaftsakteure einen Rückruf durchzuführen haben. Sämtliche verfügbaren Kundendaten sind zu nutzen, um Verbraucher über Rückrufe und Sicherheitswarnungen zu unterrichten.
Ebenso müssen Rückrufanzeigen klar und verständlich sein. Hierzu gehört auch eine klare Beschreibung der möglichen Abhilfemaßnahmen für Verbraucher. Dabei darf der Verbraucher zwischen mindestens zwei der folgenden Maßnahmen wählen:
- Reparatur des zurückgerufenen Produkts,
- Ersatz des zurückgerufenen Produkts durch ein sicheres Produkt desselben Typs mit mindestens demselben Wert und derselben Qualität oder
- angemessene Erstattung des Wertes des zurückgerufenen Produkts, sofern der Erstattungsbetrag mindestens dem vom Verbraucher gezahlten Preis entspricht.
Eine Reparatur durch einen Verbraucher wird nur dann als wirksame Abhilfemaßnahme betrachtet, wenn sie vom Verbraucher leicht und sicher durchgeführt werden kann und dies in der Rückrufanzeige vorgesehen ist. Die Abhilfemaßnahme darf außerdem keine erheblichen Unannehmlichkeiten für den Verbraucher mit sich bringen. Der Verbraucher trägt ferner nicht die Kosten für den Versand oder die anderweitige Rückgabe des Produkts. Bei Produkten, die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht transportabel sind, hat der Wirtschaftsakteur dafür zu sorgen, dass das Produkt abgeholt wird.
Fazit
Von der GPSR betroffene Wirtschaftsakteure sollten die Zeit bis zum Geltungsbeginn der GPSR am 13. Dezember 2024 nutzen und Prozesse implementieren, die sicherstellen, dass die neu auferlegten Verpflichtungen erfüllt werden.