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Wiederkaufsrecht zur Absicherung einer Bauverpflichtung kann bis zu 30 Jahre lang ausgeübt werden
Bei Veräußerungen von Baugrundstücken durch eine Gemeinde ist es üblich, dass dem Erwerber die Verpflichtung zur Bebauung innerhalb einer angemessenen Frist auferlegt wird. Für den Fall, dass der Erwerber die Bauverpflichtung nicht (fristgerecht) erfüllt, wird oftmals ein Wiederkaufsrecht für die Gemeinde vereinbart.
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 16. Dezember 2022 (V ZR 144/21) entschieden, dass Kommunen auch dann noch von einem solchen Wiederkaufsrecht Gebrauch machen können, wenn die Veräußerung des Baugrundstücks bereits bis zu 30 Jahre zurückliegt, sofern keine kürzere Ausübungsfrist vereinbart wurde.
Sachverhalt
In dem konkret zu entscheidenden Fall hat eine Gemeinde im Jahr 1994 an einen privaten Käufer ein Baugrundstück zum damaligen Verkehrswert veräußert. Im notariellen Kaufvertrag hat sich der Käufer zur Bebauung des Baugrundstücks mit einem Wohngebäude innerhalb einer Frist von acht Jahren ab dem Tag der Beurkundung verpflichtet. Für den Fall, dass der Käufer das Wohngebäude nicht fristgerecht errichtet oder das Baugrundstück ohne Zustimmung der Gemeinde in unbebautem Zustand an einen Dritten weiterveräußert, wurde eine Verpflichtung zur Rückübertragung des Baugrundstücks an die Gemeinde gegen Rückzahlung des Kaufpreises und etwaig geleisteter Erschließungsbeiträge vereinbart.
Nachdem der Käufer auch im Jahr 2014 noch kein Wohngebäude errichtet hat, machte die Gemeinde von dem im Kaufvertrag vereinbarten Wiederkaufsrecht Gebrauch.
Entscheidung
Da im zugrundeliegenden Kaufvertrag keine Ausübungsfrist für das Wiederkaufsrecht vereinbart wurde, richtete sich die Zulässigkeit nach der in § 462 Satz 1 BGB geregelten gesetzlichen Höchstfrist von 30 Jahren. Aufgrund des durch die Bauverpflichtung hergestellten Zusammenhangs mit der Bauleitplanung war der Kaufvertrag zugleich auch als städtebaulicher Vertag zu qualifizieren. Das Oberlandesgericht München hat als Vorinstanz daher unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den sog. „Einheimischenmodellen“ die Auffassung vertreten, dass eine derart lange Ausübungsfrist nur dann im Sinne von § 11 Absatz 2 Satz 1 BauGB angemessen sei, wenn dem Käufer eine signifikante Kaufpreisverbilligung gewährt wurde.
Da in Kaufverträgen im Rahmen sog. „Einheimischenmodelle“ nicht nur Bau- sondern regelmäßig auch langfristige (Eigen-)Nutzungsverpflichtungen vereinbart werden, ist diese Rechtsprechung nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auf einen Kaufvertrag, in dem über die bloße Bauverpflichtung hinaus keine weitergehende Nutzungsbindung oder Veräußerungsbeschränkung geregelt ist, nicht übertragbar.
Da auch die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht vorlagen, hat der Bundesgerichtshof die Ausübbarkeit des Wiederkaufsrechts der Gemeinde auch über 20 Jahre nach Beurkundung des Kaufvertrags für zulässig erachtet.
Fazit
In Zeiten der Baulandknappheit und Wohnungsnot haben Gemeinden ein berechtigtes Interesse daran, dass durch das Planungsrecht ermöglichte Bebauungen kommunaler Grundstücke auch entsprechend realisiert werden.
In diesem Kontext verschafft die Entscheidung des Bundesgerichtshofs für Gemeinden Klarheit hinsichtlich der Zurückerlangung von vertragswidrig nicht bebauten Baugrundstücken.
Auch in der künftigen Gestaltung kommunaler Baugrundstücksveräußerungen werden Wiederkaufsrechte und weitere Sanktionsmittel (wie z.B. Vertragsstrafen oder Aufzahlungsklauseln) zur Absicherung von Bauverpflichtungen eine wichtige Rolle spielen.
Maßgebliche Entscheidung: BGH, Urt. v. 16.12.2022 – V ZR 144/21