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Widerruf eines Verbraucher(bau)vertrags

Öffentliche Hand
Widerruf eines Verbraucher(bau)vertrags

§ 355 Abs. 1 BGB sieht für bestimmte im Gesetz vorgesehene Verbraucherverträge ein Widerrufsrecht des Verbrauchers vor. Wenn der Verbraucher seine Erklärung im Hinblick auf den Vertragsabschluss also rechtzeitig widerruft, sind die Parteien an ihre Willenserklärungen betreffend den Vertrag nicht mehr gebunden. Der Vertrag gilt nicht mehr als geschlossen.

Verbrauchervertrag

Ein solches Widerrufsrecht sieht § 312 g Abs. 1 BGB für sog. außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und für Fernabsatzverträge vor.

Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind bspw. solche Verträge, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit der Parteien an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist, § 312 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB. Wenn also bspw. ein Bauunternehmer den Verbraucher in seinem Einfamilienhaus aufsucht, um das Badezimmer zu sanieren, und die Parteien direkt auf der Baustelle (u.U. mündlich) einen Vertrag über die Sanierungsleistungen abschließen, dann liegt ein solcher außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag vor.

Ein Fernabsatzvertrag liegt hingegen gem. § 312 c Abs. 1 BGB vor, wenn der Unternehmer und der Verbraucher für den Abschluss des Vertrages (und sämtliche Vertragsverhandlungen) ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet haben, der Unternehmer dem Verbraucher also bspw. das Angebot per E-Mail oder WhatsApp geschickt hat und der Verbraucher das Angebot lediglich per E-Mail, WhatsApp oder Telefon bestätigt hat. Eine Ausnahme gilt, wenn der Unternehmer vor Auftragsbestätigung seitens des Verbrauchers vor Ort auf der Baustelle war

Widerrufsrecht

In beiden oben benannten Fällen, steht dem Verbraucher gem. §§ 312 g Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB ein Widerrufsrecht zu. Dieses Widerrufsrecht steht dem Verbraucher grds. bis zu 14 Tage nach Vertragsabschluss zu. Hat der Unternehmer den Verbraucher aber nicht ordnungsgemäß über das ihm zustehende Widerrufsrecht belehrt, kann der Verbraucher den Vertrag innerhalb eines Jahres und 14 Tagen widerrufen. In diesem Fall ist der Vertrag grds. rückabzuwickeln. Das heißt, alle erbrachten Leistungen sind der jeweils anderen Vertragspartei zurückzuerstatten. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass in denjenigen Fällen, in welchen der Unternehmer den Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt hat, der Verbraucher von seiner Vergütungspflicht gänzlich befreit wird. Die gilt auch wenn der Verbraucher sein Widerrufsrecht erst nach Erfüllung des außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags / Fernabsatzvertrags ausübt, er also die gesamte Leistung bereits erhalten hat.

Verbraucherbauvertrag

Seit 1. Januar 2018 sieht das BGB in den §§ 650 i ff. den sog. Verbraucherbauvertrag vor. Ein solcher liegt vor, wenn der Unternehmer vom Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes verpflichtet wird, oder erhebliche Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude vornehmen soll. Nach bisheriger Rechtsprechung reicht es für eine „erhebliche Umbaumaßnahme“ nicht aus, dass der Unternehmer mit einzelnen Gewerken beauftragt wird, bspw. einer Badsanierung o.ä.

Auch ein solcher Vertrag kann gem. §§ 650 l, 355 Abs. 1 BGB widerrufen werden. Nach § 357 e BGB und der aktuellen Rechtsprechung besteht bei einem Verbraucherbauvertrag im Rahmen eines Widerrufs ohne ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung aber (für den Fall dass eine Rückabwicklung der bis zum Widerruf erbrachten Leistung in Natur ausgeschlossen ist) noch eine Wertersatzpflicht des Verbrauchers für bereits vom Unternehmer erbrachte Leistungen. Teilweise wird eine Einschränkung der Wertersatzpflicht aber auch für den Verbraucherbauvertrag diskutiert.

Fazit und Praxistipp

Unabhängig davon, ob ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag, ein Fernabsatzvertrag oder ein Verbraucherbauvertrag vorliegt, ist dem Unternehmer stets anzuraten, seinen Verbraucher-Kunden ordnungsgemäß im Hinblick auf dessen Widerrufsrecht zu belehren. Anderenfalls läuft er Gefahr, die gesamte Vergütung für bereits erbrachte Leistungen zurückbezahlen zu müssen, oder gar keinen Anspruch auf eine Auszahlung zu haben). Widerrufsbelehrungen müssen präzise formuliert sein. Darüber hinaus muss eine Belehrung stets so formuliert sein, dass eine Auslegung hin zu einem vertraglich vereinbarten Widerrufsrecht ausgeschlossen ist, wenn gesetzlich gar kein Widerrufsrecht besteht.

Maßgebliche Entscheidung: EuGH Urteil vom 17. Mai 2023 – C-97/22

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