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Wesentliche Vergabeentscheidungen trifft allein der Auftraggeber!
Zur Abwicklung von Vergabeverfahren lassen sich öffentliche Auftraggeber regelmäßig durch Dritte, d.h. Rechtsanwälte, Projektsteuerer oder sonstige Berater unterstützen. Sie beraten den Auftraggeber, übernehmen Aufgaben der Verfahrenskonzeption und -durchführung und bereiten Entscheidungen vor. Die Entscheidungen selbst, insbesondere wenn sie wesentliche Fragen des Vergabeverfahrens betreffen, muss der Auftraggeber jedoch eigenständig treffen und darf sie nicht einem Dritten überlassen. Die Entscheidung ist in einem Vergabevermerk zu dokumentieren.
Sachverhalt
Der Antragsgegner (öffentlicher Auftraggeber) schrieb eine Dienstleistungskonzession für die Stationierung eines Rettungshubschraubers europaweit aus. In dem Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb wurden als Zuschlagskriterien neben dem Preis auch Konzepte bewertet.
Die Verhandlungen mit den Bietern leitete ein externer Berater, wobei Vertreter des Antragsgegners anwesend waren. Nach Versand der Bieterinformationsschreiben nach § 134 Abs. 1 GWB wendete sich der Antragsteller (unterlegener Bieter) gegen die Entscheidung und leitete ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer ein. Der Bieter hat ausgeführt, dass aus der Konzeptbewertung nicht hervorgehe, weder durch Unterschrift noch durch Benennung der Personen, wer tatsächlich die Bewertung vorgenommen habe. Es bestünden daher Anhaltspunkte, dass der Antragsgegner keine eigenverantwortliche Vergabeentscheidung getroffen habe.
Die Entscheidung
Der Nachprüfungsantrag hat keinen Erfolg. Die Vergabekammer hat entscheiden, dass ein öffentlicher Auftraggeber seiner Pflicht und Verantwortung im Hinblick auf eine eigene Vergabeentscheidung genügt, wenn er die Wertung durch einen externen Dritten und dessen Zuschlagsvorschlag durch einen Prüfungsvermerk mit verantwortlicher Unterschrift billigt.
Nicht zulässig ist es hingegen, die Verantwortung für das Vergabeverfahren an externe Dritte vollständig zu übertragen. Der Auftraggeber hat das Handeln seiner Vergabeberater stets zu begleiten, zu überwachen und gegebenenfalls zu korrigieren. Die Mitwirkung am Vergabeverfahren darf sich insofern nicht auf ein bloßes „Abnicken" beschränken.
Nach Auffassung der Vergabekammer hat der Antragsgegner diese Grenze der unzulässigen Übertragung der Vergabeentscheidung auf einen externen Dritten vorliegend nicht überschritten. Der Antragsgegner hat die „Herrschaft“ über das Vergabeverfahren nicht abgegeben. Die fehlende Unterschrift auf der Konzeptbewertung ist in diesem Zusammenhang unschädlich. Denn die Geschäftsführung war bei den Verhandlungsgesprächen anwesend. Vor der Zuschlagsentscheidung hat der Antragsgegner einen Vergabevermerk erstellt und unterzeichnet. Dieser Vergabevermerk verwies wiederum auf die Wertung durch den externen Berater. Im Ergebnis hat sich der Antragsgegner mithin die Konzeptauswertung des Beraters zu Eigen gemacht auf dieser Grundlage eine vergaberechtskonforme Zuschlagsentscheidung getroffen.
Praxistipp
Öffentliche Auftraggeber können sich der Hilfe Dritter bedienen, wenn es um die Abwicklung von Vergabeverfahren geht. Bei komplexen Beschaffungsvorhaben ist die Einschaltung fachkundiger Berater sogar ratsam. Dritte können den der Vergabeentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt in kaufmännischer, fachlich-technischer und juristischer Hinsicht aufarbeiten und einen Vergabevorschlag unterbreiten. Dennoch gilt: Verantwortlich für die Durchführung und die im Laufe des Vergabeverfahrens erforderlichen Entscheidungen ist der Auftraggeber selbst. Dies betrifft u.a. die abschließende Entscheidung über die Teilnehmerauswahl bei zweistufigen Vergabeverfahren sowie die Bewertung der Angebote und die Zuschlagsentscheidung.
Aus der Vergabedokumentation muss hervorgehen, dass der Auftraggeber eine eigenständige Entscheidung getroffen hat. Der Auftraggeber kann sich den Vorschlag des von ihm eingeschalteten Dritten zu Eigen machen. Entscheidend ist in diesen Fällen, dass sich der Auftraggeber mit dem Vorschlag des Dritten inhaltlich im Sinne eines „Für und Wider“ auseinandersetzt. Dies muss durch einen Vergabevermerk oder in sonstiger Weise dokumentiert werden. Die Dokumentation muss mindestens neben dem Datum den Namen des Erklärenden in Textform nach § 126b BGB enthalten.
Maßgebliche Entscheidung: VK Nordbayern, Beschl. v. 18.06.2020 – RMF-SG21-3194-5-7