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Vorsicht bei der Kontaktaufnahme mit dem Bestbieter vor Zuschlagserteilung

Öffentliche Hand
Vorsicht bei der Kontaktaufnahme mit dem Bestbieter vor Zuschlagserteilung

Die Vergabekammer beschäftigte sich mit dem in der Praxis gar nicht so seltenen Fall, dass der öffentliche Auftraggeber die Stillhaltefrist des § 134 GWB zur Vorbereitung des späteren Auftrags nutzen möchte.

Sachverhalt

Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens war die europaweite Vergabe von Sicherheitsdienstleistungen zur Bewachung mehrerer öffentlicher Einrichtungen. Die Antragstellerin gab fristgerecht ein Angebot ab. Bevor die Wertungsentscheidung von der allein zuständigen Vergabestelle getroffen wurde, kontaktierte die Fachabteilung des Auftraggebers die Antragstellerin und forderte diese zur Abgabe von Blankobewerbungen ihrer Mitarbeiter auf, damit sie diese nach Auftragserteilung dem neuen Auftragnehmer übergeben könne. Da die Antragstellerin nicht das wirtschaftlichste Angebot abgab, erhielt sie ein Bieterinformationsschreiben nach § 134 GWB.

Vor Ablauf der Stillhaltefrist kontaktierte die Fachabteilung erneut die Antragstellerin und kündigte den Wechsel der Bewachungsfirma an, welche die Blankobewerbungen der Antragstellerin erhalten sollen. Die unvollständigen Passagen sollen mit den Unterlagen der Antragstellerin „aufgestockt“ werden. Die Antragstellerin rügte erfolglos das Vorgehen gegenüber dem Auftraggeber und stellte sodann einen Nachprüfungsantrag.

Diesen stützte die Antragstellerin darauf, dass infolge der Kontaktaufnahme ein Interessenkonflikt bei einzelnen Mitarbeitern des Auftraggebers bestehe, die auch anschließend am Vergabeverfahren mitwirkten.

Entscheidung

Die VK Westfalen bejahte einen Interessenkonflikt nach § 6 Abs. 3 Nr. 2 VgV auf Seiten der Mitarbeiter des Auftraggebers. Das Verfahren war bereits aus anderem Grund zurückzuversetzen. Daher ließ die Vergabekammer die Frage offen, ob der Interessenkonflikt unmittelbar auch einen durch Nachprüfungsantrag angreifbaren Vergabeverstoß begründet oder ob dafür noch ein weiteres Kausalitätserfordernis geboten ist.

Der Interessenkonflikt sei nach Auffassung der Vergabekammer anzunehmen, da bei den Mitarbeitern der Fachabteilung des Auftraggebers die Befürchtung der Voreingenommenheit bestehe.

Nach § 6 Abs. 3 Nr. 2 VgV genüge bereits eine „sonstige Unterstützungshandlung“ zugunsten des für den Zuschlag vorgesehenen Unternehmens. Diese war aus Sicht der Vergabekammer anzunehmen, weil:

  • der Auftraggeber erklärte, die für den Bestbieter vorgesehenen, unvollständigen Blankobewerbungen mit den Unterlagen der Antragstellerin „aufzustocken“ und diese im Anschluss dem Bestbieter zu übergeben
  • die Bewerbungsgespräche bei dem Auftraggeber und nicht – wie üblich – bei dem eigentlichen Bestbieter stattfanden
  • Der Auftraggeber übernahm somit originär dem Bestbieter zufallende Aufgaben, weshalb zumindest der Eindruck eines Verstoßes gegen die Neutralitätspflicht des Auftraggebers bestehe.

Praxishinweise

Kontaktiert der Auftraggeber bereits vor Zuschlagserteilung einen Bieter, ist zwingend Sorge dafür zu tragen, dass die ausgetauschten Informationen nicht als Unterstützungshandlung nach § 6 Abs. 3 Nr. 2 VgV verstanden werden können. Auftraggeber sollten daher bis zur Zuschlagserteilung nach Möglichkeit auf eine Kontaktaufnahme verzichten bzw. diese zumindest detailliert dokumentieren. Unerheblich ist dabei, welcher Mitarbeiter die Unterstützungshandlung erbringt. Der Eindruck fehlender Neutralität entsteht unabhängig von der internen Aufgabenzuweisung und Organisationsstruktur

Maßgebliche Entscheidung: VK Westfalen, Beschluss vom 21.02.2024 – VK 3-42/23

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