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Verstoß gegen DIN-Norm kein Wettbewerbsverstoß
Der Verstoß eines Wettbewerbers gegen DIN-Normen und damit die Frage, ob ein Verstoß gegen DIN-Normen zugleich einen Wettbewerbsverstoß bedeutet, ist immer wieder Gegenstand von rechtlichen Auseinandersetzungen. Das zeigt auch ein aktuelles Urteil des OLG Düsseldorf. Es geht um die Frage, ob Wettbewerber die Einhaltung von DIN-Normen verlangen und notfalls auch gerichtlich durchsetzen können oder anders gewendet, ob von einem Wettbewerber Unterlassung des Vertriebs von DIN-Norm verletzenden Produkten (oder Dienstleistungen) verlangt werden kann. Von dieser Frage abzugrenzen sind die eindeutig irreführenden und daher unlauteren Fälle, in denen Hersteller oder Händler ausdrücklich mit einer DIN-Norm werben, diese jedoch nicht erfüllt wird.
DIN-Normen sind technische Regeln, keine gesetzlichen Vorschriften
Handelt ein Wettbewerber einer „gesetzlichen Vorschrift“ zuwider, besteht gegen diesen insbesondere ein Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch, wenn die gesetzliche Vorschrift (zumindest auch) dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, diese also eine sog. Marktverhaltensregelung darstellt. DIN-Normen sind keine gesetzlichen Vorschriften, sondern lediglich technische Regeln, die als Empfehlungen der Normausschüsse des Deutschen Instituts für Normung e.V. auf eine freiwillige Befolgung ausgerichtet sind.
Das Urteil des OLG Düsseldorf
Aus diesem Grund hat das OLG Düsseldorf einer Berufung des Klägers gegen die erstinstanzliche Klageabweisung nicht stattgegeben. Da eine DIN-Norm selbst keine gesetzliche Vorschrift darstellt, könne der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht isoliert auf den Verstoß gegen die DIN-Norm gestützt werden.
Die Parteien vertreiben Diamantwerkzeuge an den Fachhandel, nämlich professionelle Handwerker. Die Beklagte hatte Diamant-Trennscheiben im Sortiment, die unter Verstoß gegen die Herstellerkennzeichnungspflichten gemäß der DIN EN 13236 keine Hinweise auf den Hersteller oder Lieferanten enthielten.
Das Oberlandesgericht stellte weiter fest, dass die Beklagte auch nicht etwa gleichzeitig gegen eine „gesetzliche Vorschrift“, die eine Marktverhaltensregel darstellt, verstoßen hat. Insbesondere habe die Beklagte nicht die gesetzlich geregelten Informationspflichten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 ProdSG verletzt. Danach sind zwar Name und Kontaktanschrift des Herstellers anzugeben. Dies gilt jedoch nur für das Inverkehrbringen von Verbraucherprodukten, nicht jedoch für Produkte, deren Endabnehmer Fachkreise, hier nämlich professionelle Handwerker sind.
Gesetz konkretisierende DIN-Normen
Ein Wettbewerbsverstoß kann aber dann vorliegen, wenn eine DIN-Norm, gegen die ein Wettbewerber verstößt, eine gesetzliche Vorschrift konkretisiert. Entscheidend ist daher für die Beurteilung eines Wettbewerbsverstoßes, ob sich die betroffene DIN-Norm bzw. technische Regel in einer gesetzlichen Vorschrift widerspiegelt und diese konkretisiert. Das ist beispielsweise bei sicherheitsrelevanten technischen Regeln häufig der Fall. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der gesetzlichen Vorschrift des § 3 Abs. 2 ProdSG, wonach davon erfasste Produkte nur auf den Markt gebracht werden dürfen, wenn sie bei bestimmungsgemäßer oder vorhersehbarer Verwendung die Sicherheit oder Gesundheit von Personen nicht gefährden.
Der dem Urteil zugrundeliegende Verstoß gegen die Herstellerkennzeichnungspflichten gemäß der DIN EN 13236 konkretisiert nach zutreffender Auffassung des OLG Düsseldorf die zuvor genannte gesetzliche Vorschrift jedoch nicht. Mängel im Zusammenhang mit der Herstellerkennzeichnungspflicht stellen keine sicherheitsrelevante technische Regel dar und sind nicht Schutzgegenstand des § 3 Abs. 2 ProdSG.
Fazit:
Die Verletzung einer DIN-Norm ist im Grundsatz nicht wettbewerbswidrig, da DIN-Normen keine gesetzlichen Vorschriften sind. Konkretisiert jedoch eine DIN-Norm eine gesetzliche Vorschrift, was bei sicherheitsrelevanten technischen Regeln häufig der Fall ist, kommt solchen DIN-Normen mittelbar wettbewerbsrechtliche Relevanz zu.
Maßgebliche Entscheidung:
OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.06.2017 – I-15 U 68/16