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Update Kapitalmarktrecht: EU-Listing-Act und Zukunftsfinanzierungsgesetz

Update Kapitalmarktrecht: EU-Listing-Act und Zukunftsfinanzierungsgesetz

EU-Listing ACT

Der EU-Listing ACT ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, der sich in der Konsultationsphase befindet. Änderungen zu dem Entwurf sind noch zu erwarten. Durch den EU-Listing ACT werden vor allem zwei Ziele verfolgt. Zum einen soll die Attraktivität der europäischen Kapitalmärkte durch die Verringerung von Rechtsunsicherheiten bei den Zulassungsfolgepflichten (Pflicht zur Ad-hoc-Publizität, Führung von Insiderlisten, etc.) gesteigert werden. Zum anderen soll der Zugang zu den Kapitalmärkten für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) erleichtert werden.
 

Verringerung der Zulassungsfolgeplichten durch Pflicht einer Ad-hoc-Publizität

Bei sogenannten gestreckten Sachverhalten wie zum Beispiel M&A-Transaktionen gilt die Veröffentlichungspflicht nach geltendem Recht auch bezüglich aller wesentlichen Zwischenschritte (beispielsweise der Abschluss eines Term-Sheets oder einer Exklusivitätsvereinbarung). In solchen Fällen muss geprüft werden, ob die Veröffentlichung durch Beschluss des Vorstands aufgeschoben werden kann. Im Aufschubzeitraum muss kontinuierlich geprüft werden, ob die Aufschubgründe noch vorliegen. Künftig soll die Mitteilungspflicht nur bei Eintreten des Endereignisses bestehen. Zwischenschritte sind dann nicht mehr zu veröffentlichen. Zwischenschritte werden weiterhin als Insiderinformationen angesehen, somit wird das Insiderhandelsverbot fortgelten.

Des Weiteren bleibt ein Aufschub weiterhin möglich. Der Mitteilungszeitpunkt an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) über die Gründe für den Aufschub soll dann bereits der Zeitpunkt der Aufschubentscheidung sein. Zur Erleichterung wird für Unternehmen eine Liste möglicher Insiderinformationen zusammengestellt. Die Voraussetzungen für den Aufschub der Veröffentlichung von Insiderinformationen werden konkretisiert. Derzeit ist ein Aufschub der Veröffentlichung nur möglich, wenn der Aufschub nicht geeignet ist, die Öffentlichkeit irrezuführen. Die bisher bestehenden Leitlinien der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) sollen in den Verordnungstext der Marktmissbrauchsverordnung (MAR) überführt werden.
 

Weitere Vereinfachung der Zulassungsfolgepflichten

Die Zulassungsfolgepflichten sollen durch die Führung von Insiderlisten, weitere Regelungen zu Eigengeschäften von Führungskräften, die Vereinfachung von Melde- und Veröffentlichungsverfahren und die Einführung von Mehrstimmrechtsaktien vereinfacht werden. Die genannten Punkte werden im Folgenden näher erläutert:

  • Insiderliste: Die Kommission plant, die Dokumentation von Insidern auf permanente Insiderlisten zu beschränken. Bisher mussten Insiderlisten anlassbezogen erstellt werden. Die permanente Insiderliste hat alle Personen zu erfassen, die aufgrund ihrer Funktion oder Stellung innerhalb des Emittenten regelmäßig Zugang zu Insiderinformationen haben, wie etwa Mitglieder des Verwaltungs-, Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans. Die Pflicht zur Führung von anlassbezogenen Insiderlisten entfällt dann. Nach bisherigem Recht steht Emittenten die Möglichkeit, sich auf permanente Insiderlisten zu beschränken, nur Unternehmen zur Verfügung, die an KMU-Wachstumsmärkten gelistet sind.
  • Directors‘ Dealings: Bei den Regelungen zu Eigengeschäften von Führungskräften soll es eine Erweiterung der Ausnahmen vom Handelsverbot geben. Im Rahmen der sogenannten „Closed Period“, d.h. 30 Tage vor Bekanntgabe eines Zwischenfinanzberichts oder eines Jahresendberichts, ist es Führungskräften grundsätzlich untersagt, Transaktionen mit Finanzinstrumenten des Emittenten durchzuführen. Die hiervon in Art. 19 Absatz 12 MAR geregelten Ausnahmen sollen auf Arbeitnehmersparpläne sowie auf Geschäfte, bei denen die Führungskraft keine eigene Anlageentscheidung trifft, erstreckt werden.
  • Aktienrückkaufprogramme: Bei Aktienrückkaufprogrammen ist sowohl das Insiderhandelsverbot als auch das Verbot der Marktmanipulation zu beachten. Nach bisherigem Recht besteht eine Safe-Harbour-Regelung, die strenge Transparenz- und Offenlegungspflichten gegenüber den Aufsichtsbehörden und dem Kapitalmarkt aufstellt. Künftig soll dieses Melde- und Veröffentlichungsverfahren reduziert und vereinfacht werden. Emittenten sollen die Informationen nur an die nationale Aufsichtsbehörde desjenigen Marktes melden müssen, an dem die Aktie des Emittenten am liquidesten ist. Gegenüber der Öffentlichkeit soll zudem künftig die Veröffentlichung von aggregierten Informationen statt der Veröffentlichung aller Einzeltransaktionen ausreichend sein, um von den „Safe Harbour“-Regeln profitieren zu können.
  • Einführung von Mehrstimmrechtsaktien: Kontrollierende Aktionäre sollen ihren maßgeblichen Einfluss auch nach dem Börsengang behalten können. Die Entwurfsregelung richtet sich an Wachstumsunternehmen, weswegen noch ungeklärt ist, ob Mehrstimmrechtsaktien generell oder nur für den KMU-Wachstumsmarkt zulässig sein sollen. Im deutschen Recht ist – anders als in anderen europäischen Rechtsordnungen – seit dem Jahr 1998 die Ausgabe von Mehrstimmrechtsaktien ausnahmslos unzulässig – eine Änderung ist im Entwurf für das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) vorgesehen (siehe unten).
     

Änderung der EU-Prospektverordnung

Hierdurch sollen die Aktienemissionen bei bereits börsennotierten Unternehmen erleichtert werden. Letztere können innerhalb von zwölf Monaten Kapitalerhöhungen prospektfrei durchführen. Die Voraussetzungen hierfür sind, dass sie insgesamt weniger als 40 % des bereits zugelassenen Grundkapitals ausmachen, die Unternehmen auf einem regulierten Markt oder einem KMU-Wachstumssegment gelistet sind und unter anderem die angebotenen Wertpapiere fungibel sind. Bisher liegt die Grenze bei 20 % des Grundkapitals. Das Bezugsrecht der Aktionäre richtet sich nach nationalen Regelungen (zur geplanten Änderung durch das ZuFinG siehe unten).

Selbst wenn die obige 40 %-Schwelle erreicht oder überschritten wird, soll eine prospektfreie Sekundäremission mit einem zehnseitigen zusammenfassenden Kapitalmarktdokument möglich sein. Voraussetzung ist, dass die angebotenen Wertpapiere fungibel sind und diese bereits mindestens 18 Monate zum Handel an einem regulierten Markt oder einem KMU-Wachstumsmarkt zugelassen waren. Das Kapitalmarktdokument soll die Erstellung eines Prospekts vereinfachen. Die damit verbundene Haftungsfrage ist jedoch noch ungeklärt.

Damit einhergehend soll die Standardisierung von Prospekten weiter vorangetrieben werden. Künftig sollen diese nach einem standardisierten Format und Aufbau erstellt werden. Es werden Begrenzungen für den Prospektumfang eingeführt.
 

 

Das Zukunftsfinanzierungsgesetz

Das Zukunftsfinanzierungsgesetz ist ein Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums, der ab dem Jahr 2024 gelten soll. Er sieht Folgendes vor:

  • Einführung von Mehrstimmrechtsaktien für Wachstumsunternehmen (siehe auch Listing Act).
  • Erleichterungen bei Kapitalerhöhungen: Die Regelungen für den Bezugsrechtsausschluss von Aktien sollen erleichtert werden. Bisher ist ein Bezugsrechtsausschluss insbesondere zulässig, wenn die Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen 10 % des Grundkapitals nicht übersteigt und der Ausgabebetrag den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet. Die Grenze soll auf 20 % des Grundkapitals angehoben werden.
  • Nach bisheriger Rechtslage kann sich eine Aktiengesellschaft durch die Hauptversammlung ein bedingtes Kapital in Höhe von bis zu 50 % des Grundkapitals einräumen lassen. Wird das bedingte Kapital für die Vorbereitung des Zusammenschlusses mehrerer Unternehmen genutzt, sieht der derzeitige Entwurf vor, dass die 50 %-Grenze auf 60 % angehoben werden soll. Der praktische Nutzen dieser Änderung ist allerdings fraglich, da bedingtes Kapital in der Transaktionspraxis nicht für Unternehmenszusammenschlüsse ausgeübt wird.
  • Börsenmantelgesellschaften (SPACS): Der Entwurf sieht spezielle Regelungen im Börsengesetz für SPACS vor, um mehr Rechtssicherheit bei der Gründung von Börsenmantelgesellschaften zu schaffen.
     

Besteuerung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung (Employee Stock Option Plans)

Aktuell muss der geldwerte Vorteil aus der vergünstigten Überlassung einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung zwar auf Antrag zunächst nicht versteuert werden. Spätestens nach 12 Jahren (sogenannten „Longstop-Besteuerung“) oder bei einem Arbeitgeberwechsel wird die Besteuerung jedoch nachgeholt, selbst wenn zu diesem Zeitpunkt kein Geldfluss stattfindet (“Dry Income”). Der Referentenentwurf sieht vor, den Anwendungsbereich für die Sonderregelung auszuweiten, indem die KMU-Schwellenwerte auf 500 Mitarbeiter und 100 Millionen Euro Umsatz verdoppelt werden sollen. Der steuerliche Freibetrag für den (vergünstigten) Erwerb von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen soll von derzeit 1.440 Euro auf 5.000 Euro p.a. angehoben werden. Zudem wird die Longstop-Besteuerung auf 20 Jahre ausgeweitet. Künftig soll es auf die tatsächliche Veräußerung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung ankommen, wenn der Arbeitgeber unwiderruflich erklärt, im Fall der tatsächlichen Anteilsveräußerung für die anfallende Lohnsteuer zu haften. Aufgrund der Mitarbeiter- und Umsatzschwelle kommt die Regelung allerdings nur kleineren mittelständischen Unternehmen und Start-Ups zugute.

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