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Update – Bundestag beschließt Gesetz zur Einführung der Abhilfeklage und erleichtert Sammelklagen durch Verbände

Fachbeiträge
Update – Bundestag beschließt Gesetz zur Einführung der Abhilfeklage und erleichtert Sammelklagen durch Verbände

Der Deutsche Bundestag hat am 7. Juli 2023 das Gesetz zur Umsetzung der Verbandsklagenrichtlinie (VRUG) verabschiedet und damit Änderungen für Sammelklagen durch Verbände zugunsten von Verbrauchern und kleinen Unternehmen beschlossen. Aufgrund der erforderlichen Beteiligung des Bundesrates wird das Inkrafttreten des Gesetzes nicht vor September 2023 erwartet.

Über den Referentenentwurf des BMJ, von dem das nun beschlossene Gesetz teilweise abweicht, hatten wir bereits am 15. März 2023 berichtet. Zentrales Anliegen des neuen Gesetzes bleibt die Erleichterung von Sammelklagen durch qualifizierte Verbraucherverbände zur Durchsetzung der Ansprüche von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie kleiner Unternehmen.

Allerdings wurden die Anforderungen, unter denen kleine Unternehmen den Verbraucherinnen und Verbrauchern prozessual gleichgestellt werden, verschärft, so dass sich einer Verbandsklage zukünftig nur noch Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von nicht mehr als 2 Mio. Euro anschließen können.   

 

Kollektive Leistungsklagen durch Verbände werden möglich

Kern der beschlossenen Gesetzgebung ist das neue Gesetz zur gebündelten Durchsetzung von Verbraucherrechten (VDuG). Damit soll die EU-Verbandsklagerichtlinie umgesetzt werden. Das VDuG soll zukünftig insbesondere Abhilfeklagen vorsehen und kollektive Leistungsklagen ermöglichen. Klageberechtigte Verbände können dann gegen Unternehmen kollektiv auf Schadensersatz klagen. Das gilt beispielsweise im Bereich der Produkthaftung, bei Verstößen gegen das Datenschutzrecht und bei unlauteren Geschäftspraktiken.

Für diese Abhilfeklagen soll im Wesentlichen Folgendes gelten:

  • Klageberechtigt sind qualifizierte inländische Verbraucherverbände und qualifizierte Einrichtungen aus anderen Mitgliedsstaaten der EU.
  • Gleichartige Ansprüche einer Vielzahl von Verbrauchern  und kleiner Unternehmen können geltend gemacht werden, wenn sie sich zuvor in einem Verbandsklageregister angemeldet haben. Erforderlich sind dafür mindestens 50 Verbraucherinnen und Verbraucher. Die klageberechtigten Verbände können die Unternehmen auf konkrete Leistungen wie etwa die Zahlung eines kollektiven Gesamtbetrags in Anspruch nehmen.
  • Die Abhilfeklage kann sich auf alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten beziehen, die Ansprüche und Rechtsverhältnisse einer Vielzahl von Verbrauchern betreffen.
  • Sachlich zuständig für die Abhilfeklagen sollen in erster Instanz die Oberlandesgerichte sein. Örtlich zuständig ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das in Anspruch genommene Unternehmen seinen Sitz hat.
  • Das zuständige Gericht soll die Vorlage von Beweismitteln in Form von Unterlagen, Akten oder Gegenständen eigenständig anordnen und bei Missachtung Ordnungsgelder von bis zu 250.000 Euro verhängen können (vgl. § 6 VDuG).
  • Die klageberechtigten Verbände sollen verpflichtet werden, auf ihrer Internetseite Informationen zu geplanten und laufenden Sammelklagen zu veröffentlichen (vgl. § 12 Abs. 1 VDuG).
  • Im Verfahren kann das Gericht ein sogenanntes. Abhilfegrundurteil erlassen. Darin können die Beträge festgesetzt werden, die den betroffenen Verbrauchern zustehen sollen. Auf Aufforderung des Gerichts können die Prozessparteien anschließend einen Vergleichsvorschlag unterbreiten. Gelingt die Einigung auf einen Vergleich nicht, ergeht ein Abhilfeurteil.
  • Das Gericht kann im Abhilfeurteil einen Sachwalter bestellen, zu dessen Händen eine gerichtlich angeordnete Zahlung zu leisten ist. Er übernimmt die Verwaltung und Auszahlung des Gesamtbetrags an die im Verbandsklageregister erfassten Verbraucher.   

Mit der Abhilfeklage entfällt die bislang nach einer Musterfeststellungsklage erforderliche individuelle Leistungsklage gegen das Unternehmen für alle, die sich der Abhilfeklage anschließen. Zudem besteht kein Prozess- und Kostenrisiko für die teilnehmenden Verbraucher. Dadurch sinkt die Schwelle, diese Schäden in einem gerichtlichen Verfahren geltend zu machen.  

 

Musterfeststellungs- und Unterlassungsklagen bleiben möglich

Auch die Möglichkeit der Musterfeststellungsklage durch klageberechtigte Verbände bleibt bestehen und wird zukünftig im VDuG geregelt. Die Musterfeststellungsklage stellt gerichtlich das Vorliegen oder Nichtvorliegen der tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen eines Verbraucheranspruchs oder Verbraucherrechts fest. Dazu zählt etwa das Vorliegen eines Gesetzesverstoßes durch ein Unternehmen.

Zudem können klageberechtigte Verbände gegen Unternehmen auch weiterhin Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) oder dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geltend machen, etwa bei gesetzwidrigen unlauteren Praktiken unter Verstoß gegen Verbraucherschutzgesetze.

 

Verjährungshemmung und Gewinnabschöpfung

Mit der Erhebung einer Verbandsklage wird die Verjährung der Ansprüche für die im Klageregister erfassten Verbraucherinnen und Verbraucher gehemmt. Darüber hinaus soll zukünftig die Gewinnabschöpfung bei unzulässigen geschäftlichen Handlungen im Rahmen von § 10 UWG nicht mehr nur bei vorsätzlichem Verhalten, sondern auch schon bei grober Fahrlässigkeit möglich sei.

 

Fazit

Mit dem für September 2023 erwarteten Inkrafttreten des VRUG steigen die Risiken durch Sammelklagen für Unternehmen zukünftig erheblich. Insbesondere aufgrund der Abhilfeklage, mit der Verbände Unternehmen unmittelbar auf Schadensersatz in Anspruch nehmen können, ist eine gerichtliche Durchsetzung kollektiver Schäden zu erwarten, die bislang aufgrund der geringen Höhe des Schadens oder aufgrund des Prozess- und Kostenrisikos für den betroffenen Verbraucher nicht geltend gemacht worden sind. Zukünftig muss der Verbraucher seine Ansprüche nur noch im Verbandklageregister anmelden und kann dann den Ausgang der Verbandsklage ohne eigenes Kostenrisiko abwarten. Die Änderungen zur Vorlage von Beweismitteln oder die Erleichterung der Gewinnabschöpfung bei unzulässigen geschäftlichen Handlungen werden ebenso zu einer Zunahme von Verbandsklagen zur Durchsetzung von Verbraucheransprüchen und -rechten führen.  

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