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Rechtsfolgen einer (unwirksamen) Kündigung nach §§ 4 Abs. 7 i.V.m. 8 Abs. 3 VOB/B

Öffentliche Hand
Rechtsfolgen einer (unwirksamen) Kündigung nach §§ 4 Abs. 7 i.V.m. 8 Abs. 3 VOB/B

Mit Urteil vom 19. Januar 2023, Az. VII ZR 34/20 = BauR 2023, 628 hat der BGH entschieden, dass die Kündigungsmöglichkeit des Auftraggebers nach § 4 Abs. 7 Satz 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 3 VOB/B den Auftragnehmer unangemessen benachteiligt und deswegen gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Wenn die VOB/B also nicht als Ganzes in den Vertrag einbezogen wurde, ist eine Kündigung des Auftraggebers aufgrund Verzugs des Auftragnehmers mit der Mangelbeseitigung unwirksam.

Mögliche Umdeutung und Rechtsfolgen

Hat ein Auftraggeber den Werkvertrag „nach § 4 Abs. 7 Satz 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 3 VOB/B“ gekündigt, ist diese Kündigung unwirksam. Der Werkvertrag besteht weiterhin und ist von beiden Seiten vollständig zu erfüllen. Der Auftragnehmer muss das geschuldete Werk also vollenden. Der Auftraggeber muss dem Auftragnehmer seine Leistungen wie vereinbart vergüten.

Liegen die entsprechenden Voraussetzungen vor, kann die unwirksame Kündigung „nach § 4 Abs. 7 Satz 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 3 VOB/B“ aber in eine solche nach § 648 a BGB umgedeutet werden. Dafür müssen aber die Voraussetzungen einer Kündigung aus wichtigem Grund (§ 648 a BGB) vorliegen. Das heißt, dem kündigenden Teil kann die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden. Diese Unzumutbarkeit unterliegt in der Rechtsprechung strenger Voraussetzungen.

Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist es möglich, die unwirksame Kündigung „nach § 4 Abs. 7 Satz 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 3 VOB/B“ auch in eine solche nach § 648 BGB umzudeuten. Rechtsfolge einer Kündigung des Auftraggebers nach § 648 BGB ist aber, dass der Auftragnehmer vom Auftraggeber die vereinbarte Vergütung verlangen kann. Dabei muss sich der Auftragnehmer lediglich dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

Liegen die Voraussetzungen einer Kündigung aus wichtigem Grund gem. § 648 a BGB nicht vor und ist eine Umdeutung in eine Kündigung gem. § 648 BGB seitens des Auftraggebers nicht gewollt, dann kann der Auftraggeber vom Auftragnehmer, wegen der Mängel vor Abnahme Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 280 Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB verlangen. Dies deshalb, weil § 4 Abs. 7 Satz 1 VOB/B (bisher) vom BGH nicht als unwirksam im Sinne des § 307 BGB eingestuft wurde. Seiner Pflicht aus § 4 Abs. 7 Satz 1 VOB/B kommt der Auftragnehmer in diesem Fall nicht nach, sodass er eine Pflicht im Sinne des § 280 BGB verletzt. Die von § 281 Abs. 1 BGB geforderte Fälligkeit der Leistung liegt vor, wenn die Mangelbeseitigung fällig ist, oder wenn der Auftragnehmer die Mangelbeseitigung nicht innerhalb der gesetzten Frist vorgenommen hat. Für einen Schadensersatzanspruch muss der Auftraggeber dem Auftragnehmer außerdem eine angemessene Frist zur Mangelbeseitigung gesetzt haben. Eine solche Fristsetzung dürfte aber in der Regel vorliegen, weil auch eine Kündigung nach § 4 Abs. 7 Satz 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 3 VOB/B eine vorherige Fristsetzung verlangt. Lässt der Auftraggeber die Mängel dann von einem Dritten beseitigen, kann er die von ihm aufgewendeten Mangelbeseitigungskosten, die er bei verständiger Würdigung für erforderlich halten durfte, als Schaden gem. §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB vom Auftragnehmer ersetzt verlangen.

Fazit und Praxistipp

Ein Auftraggeber sollte seine Kündigung gegenüber dem Auftragnehmer keinesfalls mehr (allein) auf den Verzug mit der Mangelbeseitigung nach § 4 Abs. 7 Satz 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 3 VOB/B stützen.

Die Auswirkungen der oben genannten Rechtsprechung, also einer unwirksamen Kündigung gem. § 4 Abs. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Abs. 3 VOB/B, kann der Auftraggeber unter anderem dadurch vermeiden, indem er an die Stelle von § 4 Abs. 7 Satz 3 VOB/B eine Klausel in den Vertrag mit dem Auftragnehmer aufnimmt, die für den Fall der Auftragsentziehung nach der Ursache derselben, der Art, dem Umfang und der Schwere bzw. der Auswirkungen des Mangels unterscheidet. Außerdem sei dem Auftraggeber geraten, Vertragsfristen und Vertragszwischenfristen mit seinem Auftragnehmer zu vereinbaren. In diesem Fall können Mängel zu den entsprechend vereinbarten Zeitpunkten unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 VOB/B ein Recht zur Auftragsentziehung begründen. Allenfalls ist die Vertragsverletzung dann im Rahmen der oben genannten Abwägung des § 648 a BGB bzw. § 314 BGB analog zu berücksichtigen.

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