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Rechtliche Herausforderungen bei öffentlichen Digitalisierungsprojekten
Digitalisierungsprojekte stellen die öffentliche Hand vor große Herausforderungen. Hochtechnische Beschaffungen, die im Zuge (dringend zu beschleunigender) Digitalisierung oft politischem Druck ausgesetzt sind, treffen auf ein innovatives, dynamisches Marktumfeld. Allen voran sind vergabe-, IT-vertrags- und datenschutzrechtliche Vorgaben zu beachten. Der vorliegende Beitrag gibt hierzu einen Überblick.
Sorgfältige Vorbereitung der Beschaffung
Ausgangspunkt jedes Beschaffungsvorhabens ist die Bedarfsdefinition: Software als On Premise-, Cloud- oder OSS-Lösung, zentrale oder dezentrale Hardware, IT-Service-, -Support- oder -Weiterentwicklungsleistungen. Vergaberecht verlangt, den „Auftragsgegenstand so eindeutig und erschöpfend wie möglich“ zu beschreiben (vgl. § 121 Abs. 1 S. 1 GWB). Dies gelingt nur im engen Austausch mit der zuständigen Fachabteilung auf Bedarfsträgerseite. Unterschiedliche Geschäftsmodelle im IT-Bereich etablierter Unternehmen erschweren eine adäquate Marktansprache. Im Zweifel kann das vergaberechtliche Instrument der Markterkundung genutzt werden, um vor Ausschreibungsbeginn mit potenziellen Bietern in Dialog zu treten (vgl. § 28 VgV). Dabei ist zu bedenken, dass sich einzelne Beschaffungen häufig in einen größeren Gesamtkontext vorhandener IT-Infrastruktur einfügen. In dieser Hinsicht können mit Weitsicht gefällte „Systementscheidungen“ durchaus rechtskonform umgesetzt werden.
Übergreifende Betrachtung
Digitalisierungsprojekte der öffentlichen Hand sind fachlich sowie rechtlich übergreifend zu betrachten. Fachspezifische Gegebenheiten wirken sich oft unmittelbar auf die vergaberechtlich gebotene Verfahrensgestaltung aus. So erfordern komplexe Leistungsbilder häufig Verhandlungen über im Verfahren eingereichte Angebote (vgl. § 17 VgV). Verhandlungsgrundlage bilden häufig die EVB-IT Vertragsmuster, auf die sich die öffentliche Hand und der Branchenverband BITKOM verständigt haben. Die EVB-IT bieten sowohl auf einzelne („Basisvertrag“) als auch auf eine Mehrheit von IT-Leistungen („Systemvertrag“) zugeschnittene Lösungen. Angesichts der Dynamik im IT-Umfeld sind auch die EVB-IT ständigem Wandel unterworfen. Dies veranschaulichen die unlängst hinzugetretenen EVB-IT Cloud. Letzteren ist eigen, dass die vergaberechtlich ansonsten ungewollte Einbringung von bietereigenen AGB IT-vertraglich ausdrücklich zulässig ist. Auch mit Blick auf das Thema Datenschutz ist eine integrierte rechtliche Betrachtung zwingend. Der Trend in der Ausschreibungspraxis geht zu immer strengeren, datenschutzbezogenen (Mindest-)Anforderungen. Trotz der Bedeutung des Datenschutzes sollten verfahrenstechnische Anforderungen nicht zu streng ausfallen. Dies zeigt die im Kontext des Drittlandtransfers getroffene Entscheidung des OLG Karlsruhe (Beschl. v. 07.09.2022 – 15 Verg 8/22). Demnach stellt das latente Risiko eines Zugriffs durch U.S.-Stellen auf Daten des Auftraggebers noch keine nach Art. 44 ff. DSGVO unzulässige Datenübermittlung dar und berechtigt nicht zum Angebotsausschluss.
Gestaltungsspielräume nutzen
Es gibt ein breites vergaberechtliches Instrumentarium zur Erreichung einer optimalen Bedarfsdeckung. Gestaltungsspielräume müssen jedoch klug ausgeschöpft werden. Dies betrifft vor allem die Auswahl passender Eignungs- und Zuschlagskriterien. Gerade Zuschlagskriterien (bei IT-Projekten oft „B-Kriterien“) werden häufig sehr kleinteilig und mit Blick auf eine Vielzahl einzelner Funktionalitäten ausgestaltet. Die Komplexität des Beschaffungsgegenstandes spiegelt sich aber nicht zwingend in der Verfahrensgestaltung wider. Weniger ist manchmal mehr.
Fazit
Digitalisierungsprojekte der öffentlichen Hand sind meist komplex und erfordern eine individuelle Betrachtung. IT-fachliche Aspekte determinieren die Verfahrensgestaltung und bedürfen einer bedarfsgerechten Verzahnung mit den relevanten Rechtsdisziplinen unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des jeweiligen Marktes.