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Open Game License 1.1: Urheberschutz bei Table-Top Spielen
Im Januar 2023 sorgten Spielehersteller Hasbro und der Verlag Wizards of the Coast für eine der größten öffentlichen Diskussionen über Urheberrechte und deren Nutzung, die das Internet seit den Debatten um Film- und Musikpiraterie gesehen hat. Nahezu jedem, der auf Social-Media-Plattformen wie Instagram und TikTok, in Foren wie Reddit oder auf YouTube unterwegs ist, wird im Januar 2023 der Begriff "OGL 1.1" begegnet sein.
Der Begriff "OGL" steht für "Open Game License". Damit erlaubten die beiden Unternehmen seit 2000 ausdrücklich die Verwendung ihrer urheberrechtlich geschützten Dungeons & Dragons Regelwerke, Bücher und Spielmechaniken für die Erstellung eigenen Contents. Dazu zählte zum Beispiel das Streamen der Table-Top Rollenspiele oder die Entwicklung eigener Spielerweiterungen und anderen Zubehörs. Erlaubt war insbesondere auch die kommerzielle Benutzung ohne Abgaben an die Herausgeber zahlen oder diese namentlich erwähnen zu müssen.
Im Zuge einer Neuauflage des Spiels im Januar 2023 präsentierten Hasbro und Wizards of the Coast die „OGL 1.1“, die scheinbar erhebliche Einschnitte in die Freiheiten der „OGL“ bedeutete. Durch eine neue Klausel sollte nun beispielsweise jeglicher Content, den Dritte für Dungeons & Dragons produzieren und veröffentlichen, automatisch Wizards of the Coast gehören. Damit räumte Wizards of the Coast sich die alleinige Rechtsinhaberschaft und das exklusive Recht ein, den Content selbst veröffentlichen und kommerziell vermarkten zu dürfen.
Dies entfesselte einen „Shitstorm“ im Internet und es folgten Petitionen mit mehr als einer Million Unterschriften zur Wiedereinsetzung der „OGL“. Doch war die ursprüngliche „OGL“ tatsächlich so außergewöhnlich und ist die „OGL 1.1“ überhaupt rechtmäßig? Dreh- und Angelpunkt dieser Fragestellung ist: Was ist bei Table-Top Spielen überhaupt geschützt?
Einigkeit besteht darin, dass die schriftliche Spielanleitung Urheberschutz als Sprachwerk haben kann, insbesondere wenn sie sich nicht in bloßen Handlungsanweisungen erschöpft. Auch das Spielfeld eines Brettspiels oder die Gestaltung von Karten bei Kartenspielen können urheber- oder designrechtlich geschützt sein.
Doch was ist mit der Spielidee und dem Spielablauf? Nach einer Entscheidung des Landgerichts Mannheim aus dem Jahr 2008 ist die Spielidee selbst nicht schutzfähig. Diese Rechtsprechung hat der BGH 2011 abgeschwächt, als er diese Auffassung zwar grundsätzlich bestätigte, aber gleichzeitig ausführte, dass eine Spielanleitung gerade dann urheberrechtlichen Werkschutz erhalten kann, wenn der Inhalt eine individuelle Geistestätigkeit darstellt. Prägnanter drückt es ein amerikanisches Gericht aus, indem es darlegt, dass die „Spielmechaniken“ nicht schutzfähig sind.
Konkret bedeutet das: Geschützt ist weder die zugrundeliegende Idee noch die Spielmethode, der Spielablauf oder die Spielmechanik. Niemand wird rechtlich daran gehindert, ein Spiel wie Monopoly zu erschaffen, in dem eine Figur durch Würfeln Felder vorrückt und diese Felder mit Spielgeld erwerben und erweitern kann. Die konkrete Gestaltung der Figuren, des Spielfelds und der Spielname sollten aber abweichen, da hier durchaus Schutz bestehen kann.
Vor diesem Hintergrund kann es nicht untersagt werden, eigene Erweiterungen für bestehende Spiele zu erschaffen, die auf den Regelwerken aufbauen und diese zu verkaufen. Die einzige Einschränkung ist hier, dass die geschützten Bestandteile des jeweiligen Spiels nicht unmittelbar „benutzt“ werden dürfen. Im Beispiel einer Erweiterung für Monopoly hieße das zum Beispiel, dass man z. B. auf die Originalanleitung zwar hinweisen darf, diese aber nicht unmittelbar kopieren sollte.
Auffällig ist, dass die ursprüngliche „OGL“ dieses Recht, die Dungeons & Dragons-Spielmechaniken zu nutzen und hierfür eigenen Content zu entwickeln, gar nicht erweiterte, sondern lediglich klarstellend erläuterte. Andersherum lässt sich weder nach deutschem noch nach amerikanischem Recht eine Grundlage erkennen, die Hasbro und Wizards of the Coast ein Recht verleiht, sich jeglichen hierzu kreierten Content selbst kommerzialisieren zu können, und gleichzeitig dem Urheber alle Rechte abzuerkennen.
Zusammenfassend lässt sich also sagen: Die „OGL“ war weniger bahnbrechend als das Internet behauptete, da sie nur geltende Recht wiedergab. Die „OGL 1.1“ war den Aufschrei aber wert, da sie Hasbro und Wizards of the Coast weitreichende Befugnisse einräumen sollte, denen keine rechtliche Grundlage zugrunde lag.