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Öffentliche Beschaffung von Open Source Software: Verhandlungen zu EVB-IT Novellierung
Immer mehr öffentliche Stellen setzen bei der Beschaffung von IT-Lösungen auf Open Source Software. Auch die Bundesregierung fördert seit geraumer Zeit den Einsatz von Open Source und unterstützt die Entwicklung quelloffener Plattformen und entsprechender Lösungen auch finanziell. Öffentliche Beschaffer sehen sich jedoch insbesondere neben vergaberechtlichen mit vertragsgestalterischen Herausforderungen konfrontiert.
Besonderheiten von Open Source Software
Die Idee hinter Open Source Software ist die freie Nutzbarkeit und Weiterentwicklung von Software: Die Software soll durch jeden genutzt, geändert und weiterverbreitet werden. Daher ist der Quellcode der Software in der Regel frei verfügbar und diese wird unter bestimmten Lizenzbedingungen, welche die freie Nutzbarkeit gewährleisten sollen, veröffentlicht. Urheberrechtlich gesehen ist jeder Programmierer, der die Software ändert, Miturheber. Wesentliches Merkmal vieler Open Source-Lizenzen ist das sog. „Copyleft“, so beispielsweise in der GPLv2, nach dem jeder Bearbeiter der Software auf sein Urheberrecht an den bearbeiteten Teilen verzichten und den Quellcode frei verfügbar machen muss. Diese Besonderheiten bei der Nutzungsrechtseinräumung müssen bei der Beschaffung von Open Source Software oder Supportleistungen im Zusammenhang mit Open Source Software in den Vertragsbedingungen berücksichtigt werden.
Nutzung der EVB-IT Vertragsmuster
Zur Beschaffung von Hard- und Software sowie Pflege- und Support-Dienstleistungen werden in der Regel die „Ergänzenden Vertragsbedingungen für die Beschaffung von IT-Dienstleistungen“, kurz EVB-IT Musterverträge, herangezogen. Nach deutschen Bundes- oder Landeshaushaltsordnungen (§ 55 BHO/LHO) sind viele öffentlichen Stellen dazu verpflichtet EVB-IT Musterverträge anzuwenden. Die Problematik bei Einbeziehung der EVB-IT bei der Beschaffung von Open Source Software ist, dass die dortigen Festlegungen zur Nutzungsrechtseinräumung in Widerspruch zu den Open Source-Lizenzregeln stehen. Die EVB-IT sind vor dem Hintergrund der Beschaffung proprietärer Lösungen gestaltet worden. Es ist daher zwingend erforderlich, die Klauseln bezüglich der Nutzungsrechte an die jeweiligen Open Source-Lizenzbedingungen anzupassen.
EVB-IT goes Open Source
Um die aktuell bestehenden Hürden für die Beschaffung von Open Source Software durch die öffentliche Hand zu verringern, überarbeitet die Arbeitsgruppe EVB-IT des IT-Planungsrates nun die EVB-IT Musterverträge, wie verschieden Medien berichten. Es wurden bereits mehrere Workshops durchgeführt, an der Vertreter der AG EVB-IT aus Bund, Ländern und Kommunen, der OSB Alliance und dem BITKOM teilnahmen. Ziel sollte unter anderem sein zu verschiedenen Aspekten von Open Source-Software und den vergaberechtlichen sowie vertragsrechtlichen Anforderungen ein gemeinsames Verständnis zu schaffen.
Mit der Veröffentlichung der EVB-IT, welche die Besonderheiten von Open Source berücksichtigen, dürfte zukünftig die Beschaffung entsprechender freier IT-Lösungen sowohl für die öffentliche Hand als auch die Anbieter unproblematischer und niederschwelliger sein. Wann mit einer Veröffentlichung angepasster EVB-IT Musterverträge gerechnet werden kann, ist derzeit allerdings noch offen. Wir als Berater und Gestalter unterstützen aber gerne weiterhin bei der vertraglichen Umsetzung im Zusammenhang mit Open Source-Lösungen.