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Neue EuBVO erleichtert Vernehmung von Auslandszeugen

Neue EuBVO erleichtert Vernehmung von Auslandszeugen

In internationalen Rechtsstreitigkeiten ist die Beweisaufnahme oft langwierig und mühsam. Ein deutsches Prozessgericht darf nur freiwillig mitwirkende Auslandszeugen mit Erlaubnis des ausländischen Staates vernehmen. Denn hoheitliches Handeln und die Gerichtsgewalt deutscher Gerichte enden nun einmal an der Staatsgrenze. Seit dem 1. Juli 2022 gilt jetzt eine neue EU-Beweisaufnahmeverordnung (VO (EU) 2020/1783 – EuBVO). Das komplizierte Verfahren der Beweisaufnahme durch Vernehmung von EU-Auslandszeugen wird dadurch etwas einfacher.

Die EuBVO kompakt

Die neu gefasste EuBVO erlaubt ausdrücklich die unmittelbare Beweisaufnahme per Videokonferenz (Art. 20 EuBVO). Dies schont die finanziellen und zeitlichen Budgets aller Beteiligten und nicht zuletzt das Klima. Zudem kann das Prozessgericht einen unmittelbaren Eindruck vom Zeugen gewinnen. Die erforderliche Genehmigung des Staates kann künftig nach Ablauf einer bestimmten Zeit fingiert werden (Art. 19 Abs. 5 EuBVO). Im Ausnahmefall kommt eine Vernehmung durch einen Konsularbeamten in Betracht (Art. 21 EuBVO). Deutschland hat die neuen Regeln bereits umgesetzt (vgl. BGBl. 2022 I 959).

Zeitgleich ist die EU-Zustellungsverordnung neu gefasst worden (VO (EU) 2020/1784). Der deutsche Gesetzgeber wird die dort vorgesehenen Erleichterungen für elektronische Zustellungen aber nur zum Teil und überwiegend erst in einigen Jahren umsetzen.

Behandlung von EU-Auslandszeugen im Überblick

Künftig können Parteien die Vernehmung von EU-Auslandszeugen auf unterschiedlichen Wegen erwirken:

  • Beweisaufnahme im Inland Es ist für Parteien stets möglich, Zeugen zum Termin mitzubringen. Auslandszeugen dürfen im Inland vernommen werden, wobei das deutsche Prozessgericht sie nicht förmlich laden darf. Eine formlose, durch normale Briefpost zuzustellende Einladung ohne Androhung von Zwangsmitteln ist jedoch erlaubt.Außerdem kann die schriftliche Vernehmung des Zeugen angeordnet werden. Diesen Weg wird das Gericht jedoch als eher ungeeignet ansehen, da bei der Bewertung einer Zeugenaussage der persönliche Eindruck des Zeugen entscheidend ist.
  • Beweisaufnahme im Ausland Kommt der Zeuge seiner (Ein-)Ladung vor das deutsche Gericht nicht nach oder möchte er sich schriftlich nicht äußern, muss das Gericht die Beweisaufnahme im Ausland versuchen. Denn auch Zivilgerichte sind verpflichtet, einen unterbreiteten Sachverhalt soweit wie möglich aufzuklären. Das Prozessgericht kann die Vernehmung im Ausland entweder selbst durchführen oder im Wege der Rechtshilfe durch ein ausländisches Gericht durchführen lassen.
  • Beweisaufnahme unmittelbar durch das Prozessgericht Laut neugefasster EuBVO hat die unmittelbare Vernehmung eines Zeugen im EU-Ausland durch das Prozessgericht in der Regel per Videokonferenz zu erfolgen. Für die Beweisaufnahme durch das Prozessgericht ist stets eine Genehmigung der Zentralstelle des Mitgliedstaats erforderlich, unabhängig davon, ob der Zeuge mitwirkungsbereit ist oder nicht. Neu eingeführt wird eine Genehmigungsfiktion. Erhält das Prozessgericht innerhalb von 30 Tagen keine Antwort, gilt die Genehmigung nach einer Erinnerung als erteilt.Die Vernehmung selbst ist weiterhin nur auf freiwilliger Basis des Zeugen möglich. Darüber ist der Zeuge auch ausdrücklich zu belehren. Trotz der Bestrebungen, die Beweisaufnahme effizienter zu machen, bleibt das Freiwilligkeitserfordernis in der neuen EuBVO bestehen.
  • Beweisaufnahme durch ersuchtes ausländisches Gericht Gelingt keine unmittelbare Beweisaufnahme, wird das Prozessgericht das ausländische Gericht um Rechtshilfe ersuchen. Eine solche Beweisaufnahme führt zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten und nimmt viel Zeit in Anspruch, wenn sie überhaupt gelingt. Dennoch muss dieser Weg versucht werden, wenn sich der Zeuge nicht freiwillig durch das Prozessgericht vernehmen lässt. Auch die Vernehmung durch eine ausländische Stelle kann mittels Videokonferenz stattfinden. Dies hat den Vorteil, dass das Prozessgericht selbst teilnehmen kann und sich einen eigenen Eindruck vom Zeugen verschaffen kann.

Fazit

Die neue EuBVO macht grenzüberschreitende Beweisaufnahmen schneller und effizienter. Bislang war die Vernehmung von EU-Auslandszeugen ein mühsames Unterfangen. Ohne freiwillige Mitwirkung des Zeugen bleibt sie es auch weiterhin. Parteien können dies taktisch nutzen, indem sie unwillige Auslandszeugen benennen. Deren Erreichbarkeit muss das Prozessgericht dann zur Wahrung rechtlichen Gehörs erschöpfend klären. Wer auf die Aussage eines Auslandszeugen angewiesen ist, tut gut daran, auf eine freiwillige Teilnahme hinzuwirken.

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