Kontakt

Ob Sie lieber eine E-Mail senden, zum Telefon greifen oder das gute alte Fax nutzen. Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.

Anruf unter
+49 711 86040 00
Fax unter
+49 711 86040 01

Nachhaltige Perspektiven aus baurechtlicher Sicht – öffentlich-rechtliche Rahmenbedingungen für den Bau mit Holz

Öffentliche Hand
Nachhaltige Perspektiven aus baurechtlicher Sicht – öffentlich-rechtliche Rahmenbedingungen für den Bau mit Holz

Der Einsatz von Holz im Bauwesen gewinnt an Bedeutung, nicht zuletzt aufgrund der ehrgeizigen Klimaziele, die von Bund, Ländern und Kommunen verfolgt werden: Baden-Württemberg hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 eine CO2-Minderung von mindestens 65 % im Vergleich zum Jahr 1990 und bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen. Damit gehen die Klimaziele des Landes über die Klimaziele des Bundes hinaus, der bis 2045 Klimaneutralität anstrebt. In Städten und Gemeinden werden teilweise noch ambitioniertere Klimaziele verfolgt. So hat die Stadt Stuttgart im Sommer 2023 den „Klimafahrplan 2035“ beschlossen, mit dem Klimaneutralität bis 2035 erreicht werden soll. Um den selbst gesetzten Klimazielen näherzukommen, muss vor allem der Bau- und Gebäudesektor reformiert werden, der in Deutschland knapp 40 % aller CO2-Emissionen verursacht. Da Holz treibhausgasintensive Baustoffe wie Stahl und Zement ersetzen kann, hat der Holzbau großes Potenzial, einen wichtigen Beitrag zur angestrebten Klimaneutralität zu leisten.

Lässt sich Holz als Baumaterial für Neubaugebiete vorgeben?

Der öffentlichen Hand kommt gemäß § 5 KlimaG BW beim Klimaschutz und bei der Klimaanpassung eine Vorbildfunktion zu. Um dieser Vorbildfunktion gerecht zu werden, stellt sich die Frage, ob die öffentliche Hand die Verwendung von Holz bei Bauvorhaben in Neubaugebieten verbindlich vorgeben kann.

Für Festsetzungen in Bebauungsplänen fehlt es noch an Regelungsinstrumenten. Welche Inhalte festgesetzt werden können, regelt § 9 BauGB abschließend. Zulässig sind z.B. Vorgaben bezüglich Art und Maß der baulichen Nutzung, Bauflächen und Grünflächen, nicht jedoch zu Baumaterialien, Rohbau und Innenausbau. Ein Festsetzungserfindungsrecht besteht nicht.

Ob die Verwendung von Holz als Baumaterial im Rahmen städtebaulicher Verträge gemäß § 11 BauGB vereinbart werden kann, ist ebenfalls zweifelhaft. Voraussetzung dafür ist ein städtebaulicher Bezug. Eine Vereinbarung kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Kommune ein nachhaltiges stadtplanerisches Gesamtkonzept verfolgt.

Die Verwendung bestimmter Baumaterialien kann prinzipiell im Rahmen örtlicher Bauvorschriften gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO vorgegeben werden. Zulässige Inhalte sind Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen und damit an sichtbare Bauteile, nicht an das Gebäudeinnere. Vorgegeben werden könnte die Herstellung einer Holzfassade, wohl aber kein prozentualer Holzanteil am Gesamtgebäude.

Rechtsrahmen für den Holzbau im Baugenehmigungsverfahren

Im Baugenehmigungsverfahren können der Zulassung von Holzbauvorhaben vor allem Anforderungen an die Standsicherheit und den Brandschutz entgegenstehen, da sich Holz insoweit anders verhält als mineralische Baumaterialien.

Um den Bau mit Holz voranzutreiben, wurde die LBO BW bereits 2015 novelliert. Sie gilt bundesweit als eine der innovativsten Bauordnungen und ermöglicht einen umfangreichen Einsatz von Holz im Bauwesen bis zur Hochhausgrenze. So lässt § 26 Abs. 3 LBO die Herstellung tragender Bauteile aus Holz unter bestimmten Voraussetzungen zu, ohne dass es dazu einer Abweichungsentscheidung der Baurechtsbehörde bedarf.

Grundlegende Standards für die Sicherheit von Bauvorhaben bestimmt § 3 Abs. 1 LBO. Hiernach sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit nicht gefährdet werden. Diese allgemeinen Anforderungen werden durch die Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen („VwV TB“) konkretisiert. Die VwV TB trifft Regelungen zur Standsicherheit baulicher Anlagen, Brandschutz, Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz sowie Bauprodukten.

Wesentliche technische Konkretisierungen, die die Verwendung von Holz auch in hohen Gebäudeklassen zwischen 7 m und 22 m Höhe praktikabel machen, enthalten die Holzbau-Richtlinie BW sowie die Anlage A 2.2/BW2 der VwV TB. Dort sind u.a. Brandschutzanforderungen für Gebäude in Holzbauweise konkretisiert, Regelkataloge für die Beurteilung von Holzbauweisen im Genehmigungsverfahren und Leitdetails für die Ausführung von Bauteilanschlüssen gemäß § 26 Abs. 3 LBO vorgegeben. Auf diese Weise wird die brandschutztechnische Eignung für eine große Anzahl an Holzbaukonstruktionen bestätigt, ohne dass es weiterer Anwendbarkeitsnachweise bedarf.

Holzbau als Chance für Innovation und Nachhaltigkeit

Die öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen stehen einer Verwendung von Holz im Bauwesen bis in den Hochhausbereich nicht länger im Wege. Vor diesem Hintergrund bietet Holzbau eine Aussicht auf innovative und nachhaltige Baukonzepte. Zwar kann die öffentliche Hand Bauherren in Neubaugebieten zur Verwendung von Holz als Baumaterial nur bedingt verpflichten. In Erfüllung ihrer klimaschutzrechtlichen Vorbildfunktion können die öffentliche Hand und ihre Unternehmen aber bei der Durchführung eigener Bauvorhaben die Chancen des Holzbaus nutzen sowie durch gezielte politische Initiativen zu einer klimafreundlichen Bauweise anregen.

Zurück