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Mindestanforderungen in Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb

Öffentliche Hand
Mindestanforderungen in Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb

In der Vergabepraxis stellt sich in Verhandlungsverfahren immer wieder die schwierige Frage nach der Abgrenzung zwischen verhandelbaren Leistungsinhalten und unverhandelbaren Mindestanforderungen.

Sachverhalt

Im entschiedenen Fall enthielt die Leistungsbeschreibung für die ausgeschriebene Errichtung eines technischen Anlagenkomplexes für eine Bioabfallvergärungsanlage eine Vorgabe, wonach die Anlage einen bestimmten Geruchswert nicht überschreiten durfte. Diese Anforderung war allerdings nicht als „Mindestanforderung“ bezeichnet. Zudem war an verschiedenen anderen Stellen der Vergabeunterlagen ein anderer Geruchswert angegeben.

Einer der Bieter reichte ein indikatives Angebot ein, welches von dem in der Leistungsbeschreibung angegebenen Geruchswert abwich. Dieses Angebot schloss der Auftraggeber mit der Begründung aus, dass eine unverhandelbare Mindestanforderung nicht erfüllt werde.

Entscheidung

Nach Auffassung der Vergabekammer war die in der Leistungsbeschreibung enthaltene Anforderung keine unverhandelbare Mindestanforderung, deren Nichteinhaltung einen Angebotsausschluss erforderte. Der Ausschluss des indikativen Angebots des Bieters war somit vergaberechtswidrig.

Die Vergabekammer stellte in ihrer Entscheidung zunächst klar, dass die Besonderheit des Verhandlungsverfahrens sei, dass der Angebotsinhalt nicht von vornherein feststehen müsse, sondern fortentwickelt, konkretisiert und verbessert werden könne. Demnach könnten Abweichungen vom gewünschten Angebotsinhalt in nachfolgenden Angebotsrunden beseitigt werden. Sofern der Auftraggeber jedoch zwingende Anforderungen an die Angebote stelle, seien diese auch bei der Abgabe eines indikativen Angebots als Mindestanforderungen zu beachten. Dies setze jedoch voraus, dass die Mindestanforderung aus Sicht eines objektiven, durchschnittlichen Bieters eindeutig und unmissverständlich aufgestellt worden sei.

An solch einer unmissverständlich vorgegebenen Mindestanforderung fehlte es mit Blick auf den in der Leistungsbeschreibung angegebenen Wert. Die Vergabekammer stützte ihre Rechtsauffassung auf die widersprüchlichen Angaben in den Vergabeunterlagen. Diese führten aus Sicht der Vergabekammer dazu, dass nach dem Empfängerhorizont eines durchschnittlichen Bieters keine eindeutig vorgegebene, zwingende Mindestanforderung vorlag.

Fazit

Die vergaberechtliche Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an das Aufstellen von unverhandelbaren Mindestanforderungen in Verhandlungsverfahren.

Auftraggeber sollten vor Einleitung des Vergabeverfahrens festlegen, welche Anforderungen unverhandelbar sein sollen und daher bereits vom jeweils ersten Angebot der Bieter eingehalten werden müssen. Entscheidet sich der Auftraggeber, solche Anforderungen aufzustellen, muss er dies transparent und unmissverständlich in den Vergabeunterlagen zum Ausdruck bringen.

Maßgebliche Entscheidung: VK Baden-Württemberg, Beschl. v. 06.07.2020 – 1 VK 18/20

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