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Hinweisgeberschutz im öffentlichen Sektor
Sogenannte „Whistleblower“ sollen besser geschützt werden, wenn sie in ihrem beruflichen Umfeld Informationen über Rechtsverstöße erlangen und diese melden oder offenlegen. Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz (im Folgenden: „HinSchG“) kommt der deutsche Gesetzgeber mit einiger Verspätung seiner Pflicht nach, die Richtlinie (EU) 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (sog. „Whistleblower“-Richtlinie) umzusetzen. Das HinSchG wird voraussichtlich noch vor dem Jahresende 2022 verabschiedet und tritt drei Monate nach seiner Verkündung in Kraft.
Schutz von Hinweisgebern auch durch die öffentliche Hand
Neben privaten Unternehmen sind auch öffentliche Beschäftigungsgeber – also alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts und Unternehmen, die im Eigentum oder unter der Kontrolle einer solchen stehen – verpflichtet, Maßnahmen nach dem Hinweisgeberschutzgesetz zu ergreifen. Außer Behörden und Verwaltungsstellen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene betrifft dies auch sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Gerichte. Geschützt werden alle bei diesen Organisationen beschäftigten Personen. Mehr noch als Beschäftigte in der Privatwirtschaft haben diese die Pflicht, sich als „Staatsdiener“ rechtmäßig zu verhalten und bei Kenntniserlangung von Rechtsverstößen oder Missständen tätig zu werden, unterliegen aber im Einzelfall der dienstlichen Verschwiegenheitspflicht oder der Pflicht zur Einhaltung des Dienstwegs.
Kernstück des HinSchG ist die Schaffung von internen und externen Meldestellen, über die Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber Verstöße im Unternehmen oder in der Behörde melden können. Sie sollen zudem besser vor beruflichen Repressalien – z.B. Kündigungen, Nichtbeförderung oder Mobbing – geschützt werden, da Hinweise auf Missstände in vielen Fällen aus Angst vor beruflichen Nachteilen unterbleiben. Der Schutz bezieht sich auf die Meldung bzw. Offenlegung von Verstößen gegen Straf- und bestimmte Bußgeldvorschriften sowie einen festgelegten Katalog von Vorschriften des Landes-, Bundes- oder Unionsrechts.
Pflicht zur Einrichtung von internen Meldestellen
Interne Meldestellen sind Personen oder Abteilungen innerhalb der Behörde (bzw. der Verwaltungsstelle, des Betriebs oder des Gerichts) oder externe Dritte, die Hinweise auf Verstöße entgegennehmen, dem Meldenden den Eingang bestätigen und den Kontakt zu diesem halten, den Sachverhalt aufklären und prüfen sowie Folgemaßnahmen ergreifen und die Verstöße abstellen (oder, falls sich die Meldung nicht als stichhaltig erweist, das Verfahren anderweitig beenden). Diese Stellen trifft zudem die Pflicht, die Verstöße zu dokumentieren und insbesondere vertraulich zu behandeln.
Das HinSchG verpflichtet öffentliche Beschäftigungsgeber mit in der Regel mindestens 50 Beschäftigten bzw. mindestens 10.000 Einwohnern zur Einrichtung interner Meldestellen. Eine Übergangsfrist wie für Unternehmen der Privatwirtschaft mit 50 bis 249 Beschäftigten existiert für die öffentliche Hand nicht. Die Umsetzung wird daher voraussichtlich noch während des ersten Quartals 2023 Pflicht.
Auf der Ebene des Bundes und der Länder können nach dem HinSchG durch die Ministerien einzelne oder mehrere Organisationseinheiten bezeichnet werden, die eine interne Hinweisgeberstelle einzurichten und zu betreiben haben. Damit sollen zu kleinteilige Strukturen vermieden werden. Für Gemeinden und Gemeindeverbände soll sich die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen – auch wenn dies europarechtlich zweifelhaft ist – nach dem jeweiligen Landesrecht richten. Dieses kann etwa vorsehen, dass Gemeinden und Gemeindeverbände interne Meldestellen gemeinsam betreiben können oder, bei einer Größe von weniger als 10.000 Einwohnern, von der Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen ausgenommen werden. Menold Bezler stellt bereits heute in diesem Bereich spezialisierte Rechtsanwälte als Meldestellen zur Verfügung.
Externe Meldestellen und Offenlegung von Verstößen
Eine externe Meldestelle wird zentral beim Bundesamt für Justiz eingerichtet und ist zuständig, soweit nicht andere nach dem HinSchG vorgesehene Meldestellen (z.B. externe Meldestelle der Länder, bei der BaFin oder dem BKartA) eingerichtet sind. Die hinweisgebenden Personen sollen ein Wahlrecht haben, ob sie sich an eine interne oder externe Meldestelle wenden. Die Möglichkeit der Offenlegung, indem sich die hinweisgebende Person mit den Informationen direkt an die Öffentlichkeit wendet, soll hingegen nur unter besonderen Voraussetzungen möglich sein, so insbesondere dann, wenn eine interne Meldung nicht durch die verantwortliche Stelle aufgegriffen wird.
Fazit und Praxistipp
Die öffentliche Hand sollte potenziellen hinweisgebenden Personen auf allen Ebenen eine möglichst niedrigschwellige Möglichkeit bieten, Hinweise auf Missstände intern abzugeben – nicht zuletzt, um zu vermeiden, dass diese sich an eine externe Meldestelle oder die Öffentlichkeit wenden. Die Umsetzungsfrist ist vor allem für kleinere Verwaltungseinheiten denkbar knapp bemessen, sollte von diesen jedoch auch angesichts der politischen Bedeutung des wirksamen Hinweisgeberschutzes nicht ungenutzt bleiben.