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Grundsatzentscheidung des BGH zur Kündigungsregelung gem. § 4 Abs. 7

Öffentliche Hand
Grundsatzentscheidung des BGH zur Kündigungsregelung gem. § 4 Abs. 7

Insbesondere in Anbetracht der Reform des Bauvertragsrechts, die nunmehr bereits einige Jahre zurückliegt, bestehen in vielen Punkten Zweifel, ob die VOB/B der sogenannten isolierten Inhaltskontrolle standhält. Doch was versteckt sich hinter diesen Zweifeln?

Gesetzliche Vorgaben

Bei der VOB/B handelt es sich nicht um ein Gesetz, sondern um (wenn auch standardisierte) Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die VOB/B wird vom deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) erarbeitet und fortgeschrieben. In diesem Ausschuss sind Auftraggeber und Auftragnehmer vertreten, sodass die Interessen beider Parteien Berücksichtigung finden.

Doch auch Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gesetzlich reguliert. Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen findet sich in den §§ 305 ff. BGB. Die dortigen Regelungen dienen dazu, Vertragsbestimmungen, die vom gesetzlichen Leitbild abweichen, einer gesetzlichen Kontrolle zu unterwerfen. Bei Verstößen gegen die gesetzlichen Regelungen sind Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam.

Da die Regelungen der VOB/B, wie oben beschrieben, gemeinsam von Vertretern der Auftraggeberseite unter Auftragnehmerseite erarbeitet werden, hat die VOB/B bei der gesetzlichen Inhaltskontrolle eine Privilegierung erfahren. Gemäß § 310 Abs. 1 BGB findet eine gesetzliche Inhaltskontrolle der VOB/B dann nicht statt, wenn die VOB/B als Ganzes, das bedeutet ohne Abweichungen hiervon, vertraglich vereinbart wurde. Eine solche Einbeziehung der VOB/B ohne jegliche Abweichung ist jedoch in der Praxis äußerst selten. In aller Regel wird in irgendeinem Punkt vertraglich vom Inhalt der VOB/B abgewichen. Ist eine solche Abweichung (wie fast immer) zu verzeichnen, unterliegen auch die einzelnen Regelungen der VOB/B der gesetzlichen Inhaltskontrolle.

Grundsatzentscheidung des BGH

In dem Urteil vom 19.01.2023, Az. VII ZR 34/20 = BeckRS 2023, 2732 hat der BGH nunmehr entschieden, dass die Kündigungsregelung in § 4 Nr. 7 S. 3 in Verbindung mit § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 Variante 1 VOB/B (zugrunde lag die Fassung 2002) den Auftragnehmer unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB benachteiligt und deswegen unwirksam ist.

Begründet hat der Bundesgerichtshof dies damit, dass der Auftraggeber den zugrunde liegenden Bauvertrag kündigen kann, wenn der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Mangelbeseitigung gesetzt hat und diese Frist fruchtlos abgelaufen ist. Hierbei komme es nicht darauf an, ob ein wesentlicher oder ein nur geringfügiger oder unbedeutender Mangel vorliege. Das trage den Interessen des Auftragnehmers nicht hinreichend Rechnung und benachteilige den Auftragnehmer somit unangemessen. Daraus ergebe sich ein Verstoß gegen § 307 BGB. Dieser Verstoß führe gemäß § 307 Abs. 1 BGB dazu, dass die entsprechenden Regelungen in § 4 Abs. 7 und 8 Abs. 3 VOB/B unwirksam sind.

Somit sind auch hierauf gestützte Kündigungen aus wichtigem Grund, wenn die Kündigung nicht durch einen anderen Grund gerechtfertigt ist, der z.B. zur Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung führt, unwirksam. Das kann erhebliche negative Folgen für den kündigenden Auftraggeber haben. Es sollte also von nun an keine Kündigung aus wichtigem Grund mehr allein auf den Verzug mit der Mangelbeseitigung gemäß § 4 Nr. 7 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B gestützt werden.

Gleichzeitig hat der BGH entschieden, dass § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/B (Fassung 2002) im Übrigen, soweit diese Kündigungsbestimmungen nicht auf § 4 Nr. 7 VOB/B (Fassung 2002) rückbezogen ist, seine Wirksamkeit behält. Sonstige Kündigungsgründe werden daher von dieser Entscheidung nicht erfasst.

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