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Gemischtes Doppel aus Notar und Aufsichtsratsvorsitzendem
Wegen strenger Formalien hat die Protokollierung von Hauptversammlungen ihre Tücken. Nicht ordnungsgemäß protokollierte Hauptversammlungsbeschlüsse sind nichtig.
Für nicht börsennotierte AGs sind hiervon Erleichterungen vorgesehen. So ist zwar grundsätzlich jeder Hauptversammlungsbeschluss notariell zu beurkunden; bei nicht börsennotierten AGs genügt jedoch eine vom Aufsichtsratsvorsitzenden zu unterzeichnende Niederschrift, soweit keine Beschlüsse gefasst werden, für die das Gesetz eine Dreiviertel- oder größere Mehrheit bestimmt. Solche qualifizierten Mehrheiten sieht das Gesetz bei gewichtigeren Beschlussgegenständen wie z.B. Satzungsänderungen oder Kapitalerhöhungen vor.
Für die Organisation der Hauptversammlungen von nicht börsennotierten Aktiengesellschaften ist ein jüngeres Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) bedeutend:
Umstritten war bisher die Protokollierung von Hauptversammlungen, in denen sowohl Beschlüsse gefasst wurden, die einer notariellen Beurkundung bedürfen, als auch Beschlüsse, die für sich gesehen von dem Aufsichtsratsvorsitzenden protokolliert werden dürften. Bildet die Hauptversammlung eine Einheit, die insgesamt notariell zu beurkunden ist, sobald auch nur einer von mehreren Beschlüssen der notariellen Beurkundung bedarf?
Der BGH hat diese Frage verneint und entschieden, dass die Niederschrift über eine Hauptversammlung in notariell beurkundete und in vom Aufsichtsratsvorsitzenden unterzeichnete Abschnitte teilbar ist. Nicht börsennotierte Gesellschaften können somit im Laufe einer einzigen Hauptversammlung nur für die notariell zu beurkundenden Beschlüsse einen Notar hinzuziehen und eine weitere Niederschrift über die gesamte Hauptversammlung von dem Aufsichtsratsvorsitzenden anfertigen lassen. In Erwägung zu ziehen ist eine solche Vorgehensweise aus Kostengesichtspunkten, wenn beispielsweise einem Beschluss über hohe Gewinnausschüttungen lediglich eine einfache Satzungsänderung gegenübersteht.
Ungeachtet dessen ist es weiterhin möglich, die Hauptversammlung insgesamt von einem Notar protokollierenzu lassen. In der Praxis werden die erhöhte Rechtssicherheit und Beweiskraft einer notariellen Beurkundung die etwas höheren Kosten sogar oftmals überwiegen. Denn erfahrungsgemäß machen die Formalien den nicht speziell zur Protokollierung ausgebildeten Aufsichtsratsvorsitzenden gelegentlich zu schaffen. Beispielsweise muss in dem Protokoll zwingend die Art der Abstimmung angegeben sein. Darauf kann auch in Vollversammlungen nicht verzichtet werden.
Außerdem entstehen mit der „gemischten“ Protokollierung das Risiko von sich widersprechenden Protokollen sowie fehleranfälliger Schnittstellen oder Zuordnungsfragen (z.B. bei der Protokollierung von Fragen sowie von Widersprüchen gegen Beschlüsse). Diese Aspekte erfordern daher erhöhte Aufmerksamkeit während der Hauptversammlung und bei der anschließenden Erstellung eines belastbaren Protokolls.
Als Alternative zu einer „gemischten“ Protokollierung können im Einzelfall auch zwei gesonderte Hauptversammlungen abgehalten werden, eine mit und eine ohne notarielle Beurkundung. Wegen des erhöhten Aufwands mehrerer Einberufungen kommt dies aber regelmäßig nur bei kleinem Aktionärskreis oder Abhaltung von Vollversammlungen unter Verzicht auf Formen und Fristen in Frage.
Maßgebliche Entscheidung:BGH, Urt. v. 19.05.2015 – II RZ 176/14
Fazit: Nach jüngster höchstrichterlicher Rechtsprechung können bei nicht börsennotierten AGs notariell zu beurkundende Beschlüsse und sonstige Beschlüsse in ein und derselben Hauptversammlung teils von einem Notar und teils von dem Aufsichtsratsvorsitzenden protokolliert werden.