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Gemeinschaftsanlagen als wesentlicher Bestandteil von Quartiersentwicklungen
Seit Jahrzehnten ist es gängige Praxis, dass bei der Entwicklung von neuen oder nachverdichteten Quartieren notwendige Gemeinschaftsanlagen, wie Quartiersstraßen, -plätze, Besucherparkplätze oder dezentrale Energieversorgungsanlagen, sowohl hinsichtlich der erstmaligen Herstellung als auch hinsichtlich der zukünftigen Verwaltung, Unterhaltung und Instandhaltung bis zur Erneuerung den einzelnen Grundstückseigentümern übertragen werden.
Im Rahmen der Schaffung des Baurechts sichert die öffentliche Hand in der Regel ab, dass die Gemeinschaftsanlagen ordnungsgemäß hergestellt werden und, soweit erforderlich, mit Nutzungsrechten zugunsten der Allgemeinheit belastet werden. Wie sich die künftigen Eigentumsrechte an den Gemeinschaftsflächen gestalten und wie die ordnungsgemäße Verwaltung, Unterhaltung und ggf. Instandsetzung etc. durch die Eigentümer in Zukunft erfolgt, wird in den meisten Fällen weder strukturell noch inhaltlich vorgegeben. Ob und wie die künftige Qualität der für das Quartier notwendigen Gemeinschaftsanlagen abgesichert wird, ist daher regelmäßig von der Bereitschaft der beteiligten privaten Projektentwickler/Investoren abhängig, in die Ausarbeitung eines passenden rechtlichen Konzepts und dessen Absicherung zu investieren. Dies wird leider in der Praxis stark vernachlässigt, da sich diese sehr in die Zukunft gerichteten Themenstellungen meistens nicht kaufpreiserhöhend verwerten lassen.
Am Beispiel der zunehmend im Privateigentum stehenden Quartiersstraßen (Innenerschließung des Quartiers) kann der Regelungsbedarf gut veranschaulicht werden. Verbleiben die Quartiersstraßen im (einfachen) Miteigentum der Eigentümer der angrenzenden Grundstücke, ergeben sich in erster Linie in Bezug auf die gemeinschaftliche zukünftige Verwaltung wichtige Themenstellungen. So muss geklärt werden, wie die laufenden Maßnahmen (insbesondere Reinigungs-, Räum- und Streupflichten) sichergestellt werden, z.B. durch Beauftragung eines externen Dienstleisters, und wie die Entscheidungen zu solchen Fragen getroffen werden, insbesondere wenn die Angrenzergrundstücke durch Aufteilung in Wohnungseigentum aus großen Eigentümergemeinschaften bestehen. Für die Zukunftsfähigkeit des jeweiligen Konzepts ist außerdem die gegenseitige Absicherung der Miteigentümer der Gemeinschaftsanlage, dass die zukünftig zu erbringenden Kostenanteile der Angrenzergrundstücke für Unterhaltung, Instandsetzung, Instandhaltung und insbesondere Erneuerung auch tatsächlich erbracht werden und ggf. vollstreckt werden können, eine wichtige Fragestellung.
Neben den „klassischen“ Gemeinschaftsanlagen ergeben sich immer mehr Themenstellungen aus der Gestaltung moderner Wohnanlagen und Wohnquartiere („Immobilie 4.0“), insbesondere durch die gemeinschaftliche Nutzung intelligenter Systeme zur Verbesserung der Lebensqualität und des Komforts der Bewohner. Derzeit sind dies v.a. Mobilitätskonzepte mit Ladestationen für Elektrofahrzeuge und elektronischen Diensten für die Buchung von Besucherparkplätzen, Sharing-Fahrzeugen etc., die Aufstellung intelligenter Paketkastenanlagen, die Zur-Verfügung-Stellung einer Quartier-App als Service- und Kommunikationsplattform für das Quartier (z.B. für Quartiers-Nachrichten, zur Kommunikation zwischen den Bewohnern, zur Kommunikation mit der Hausverwaltung und zur Buchung von externen Serviceleistungen wie z.B. Putzdiensten). Bei diesen Themenkomplexen müssen zusätzlich Fragen des Datenschutzes, der Betreiberhaftung für Internet-/App-Dienste, des Verbraucherschutzes und zahlreicher weiterer Schnittstellen berücksichtigt werden. Hier steckt die Praxis noch in den „Kinderschuhen“, aber die technische Entwicklung erfordert ein hohes Tempo bei der Entwicklung passender Konzepte.
Der Abschluss eines GbR-Vertrages zwischen den betroffenen Eigentümern bzw. Raumeigentümergemeinschaften ist ein sehr flexibles Gestaltungsinstrument, da hierin u.a. die persönliche Beitragspflicht, die Geschäftsführung, das Abstimmungsprocedere, der Eintritt und das Ausscheiden der Gesellschafter genauestens geregelt werden können.
Daneben steht als weiteres Gestaltungsinstrument auch der Abschluss einer Verwaltungs- und Nutzungsvereinbarung bzgl. des gemeinschaftlich genutzten Miteigentums zur Verfügung. Die Vereinbarung von dinglichen Rechten (z.B. Dienstbarkeiten und Reallasten) flankiert beide Gestaltungsinstrumente und dient der dauerhaften Absicherung aller Beteiligten. Die individuellen Vorgaben jeder einzelnen Quartierssituation sind maßgeblich für die sinnvolle Wahl der Mittel.
Fazit:
Es wäre zu wünschen, dass die Sensibilität aller Marktteilnehmer für die Bedeutung zukunftsfähiger Konzepte für Gemeinschaftsanlagen in Quartieren und deren Absicherung wächst. Denn die Nachhaltigkeit eines Quartiers ist in hohem Maß von dem dauerhaften Erhalt der Qualität des öffentlichen Raumes abhängig, gerade auch dann wenn dieser im Privateigentum steht. Tritt dann noch zusätzlich die Gestaltung zum „Quartier 4.0“ hinzu, muss das rechtliche Konzept sehr passgenau erarbeitet werden, damit kein „Systemabsturz“ innerhalb weniger Jahre zu befürchten ist.