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Fokus Gemeinnützigkeit: Gesetzesänderungen zum Jahreswechsel
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Die im Koalitionsvertrag angekündigte Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts blieb zum Jahreswechsel erneut aus. Folglich wurde die zwischenzeitlich diskutierte Streichung des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung sowie hieran anknüpfende Bestimmungen zur Rücklagen- und Vermögensbildung ebenso wenig beschlossen, wie eine in der Abgabenordnung geregelte „Business-Judgement-Rule“, ein abgestufter Sanktionsmechanismus bei Verstößen gegen das Gemeinnützigkeitsrecht oder eine Neuregelung der zulässigen politischen Betätigung gemeinnütziger Organisationen. Nichtsdestotrotz hat der Gesetzgeber zum Jahreswechsel einige Neuregelungen beschlossen, welche für gemeinnützige Organisationen und deren Förderer relevant sind. Diese fassen wir im folgenden zusammen:
“Neue” Wohngemeinnützigkeit
Mit § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 27 AO wurde ein neuer gemeinnütziger Zweck eingeführt, im Wortlaut:
„[…] die Förderung wohngemeinnütziger Zwecke; dies ist die vergünstigte Wohnraumüberlassung an Personen im Sinne des § 53. § 53 Nummer 2 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bezüge nicht höher sein dürfen als das Fünffache des Regelsatzes der Sozialhilfe im Sinne des § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; beim Alleinstehenden oder Alleinerziehenden tritt an die Stelle des Fünffachen das Sechsfache des Regelsatzes. Die Hilfebedürftigkeit muss zu Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses vorliegen.“
Damit ist die vergünstigte Überlassung von Wohnraum an Menschen, die persönlich oder wirtschaftlich hilfebedürftig sind, künftig gemeinnützig. Wesentlich ist hierbei, dass die Hilfebedürftigkeit nur zu Beginn des jeweiligen Nutzungsverhältnisses vorliegen muss und die entgeltliche Wohnraumüberlassung bereits dann als vergünstigt im Sinne der Vorschrift gilt, wenn die erhobene Miete unter der marktüblichen Vergleichsmiete liegt.
Die Grenze der Hilfebedürftigkeit bemisst sich an dem fünf- bzw. bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden sechsfachen des Regelsatzes der Sozialhilfe. Das bedeutet, nach Berechnung des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB), dass „eine alleinerziehende Mutter mit einem Kind im Alter von unter 6 Jahren ein Bruttoeinkommen von bis zu 67.470 Euro (inkl. Kindergeld und Unterhalt) erzielen kann, um eine Wohnung im Rahmen der neuen Wohngemeinnützigkeit anzumieten.“
Gemeinnützige Organisationen dürfen solchen Wohnraum ferner aus zeitnah zu verwendenden Mitteln finanzieren. Etwaige Verluste sollen nach der Regierungsbegründung gemeinnützigkeitsrechtlich unschädlich sein.
Katastrophenhilfe – Hilfe für Menschen in besonderer wirtschaftlicher Notlage
Darüber hinaus trat im Zuge des vierten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV), mit Wirkung zum 1.1.2025, ein neuer mildtätiger Tatbestand in Kraft. Eine Körperschaft verfolgt gemäß § 53 Nr. 3 AO nunmehr mildtätige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, Personen selbstlos zu unterstützen, „deren wirtschaftliche Lage aus besonderen Gründen zu einer Notlage geworden ist. Als besondere Gründe gelten insbesondere Katastrophen, die durch Erlass des Bundesministeriums der Finanzen oder einer obersten Finanzbehörde der Länder festgestellt wurden. In diesen Fällen reicht es für den Nachweis der Hilfsbedürftigkeit aus, wenn die durch die Katastrophe entstandene Notlage sowie die Mehraufwendungen glaubhaft gemacht werden“.
Hintergrund dieser gesetzlichen Neuregelung ist insbesondere die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021. Für die Frage der Hilfsbedürftigkeit bedarf es in solchen Fällen künftig also keiner unmittelbaren Prüfung der Bezüge- und Vermögensgrenze, wie sie § 53 Nr. 2 AO vorsieht.
Steuerbefreiung von Bildungsleistungen
Im Wesentlichen bedeutet die Neuregelung eine Erweiterung der Steuerbefreiung auf Körperschaften des öffentlichen Rechts, wenn diese mit Bildungsleistungen im Sinne des Gesetzes betraut sind und betrifft mithin insbesondere in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft betriebene allgemeinbildende oder berufsbildende Schulen sowie staatliche Hochschulen. Die Vorschrift des § 4 Nr. 21 UStG lautet nunmehr:
„Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei: […]
a) die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, privaten Schulen und anderen allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen […]
b) wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie Schulunterricht, Hochschulunterricht, Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung erbringen.
c) Schul- und Hochschulunterricht, der von Privatlehrern erteilt wird.“
Das bisherige Bescheinigungsverfahren für umsatzsteuerbefreite Bildungsleistungen, die üblicherweise von den Regierungspräsidien ausgestellt werden, bleibt bestehen. Jedenfalls nach einem Erlass des Bayerischen Landesamts für Steuern (BayLfSt, Az.: S 7179.1.1-21/4 St33) bleiben bestehende Bescheinigungen ferner auch bis zum Ablauf eines etwaigen Gültigkeitszeitraums oder eines etwaigen Widerrufs weiter gültig.
Mit Blick auf den Ablauf der § 2b UStG-Übergangszeit zum 31.12.2026 und der erfahrungsgemäß langen Bearbeitungszeiten sollten vorstehend genannte Körperschaften des öffentlichen Rechts die Beantragung solcher Bescheinigungen zeitnah prüfen.
Bildung projektgebundener Rücklagen
Darüber hinaus wurde in § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO eine klarstellende Regelung aufgenommen, dass bei der Frage, ob die Bildung einer Projektrücklage erforderlich und damit zulässig ist, auf den Zeitpunkt der Rücklagenbildung ("ex ante-Perspektive"), abzustellen ist.
Ausblick
Die angekündigte Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts blieb in dieser Legislaturperiode nunmehr erneut aus. Die wesentlichste Neuregelung dürfte die Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit sein, ob diese jedoch einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums beitragen wird, wie der Gesetzgeber wohl hoffte, ist einstweilen ebenso fraglich, wie eine etwaige Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts in der kommenden Legislaturperiode.