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Fehler im Abwägungsvorgang
VGH Baden-Württemberg kippt Flächennutzungsplan Windenergie der Stadt Alpirsbach
In einer aktuellen Normenkontrollentscheidung hat der VGH Baden-Württemberg den Flächennutzungsplan der Stadt Alpirsbach zur Ausweisung von Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen gekippt.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) hat mit dem am 5. Februar 2021 bekannt gegebenen Urteil den Flächennutzungsplan der Stadt Alpirsbach zur Ausweisung von Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen aufgehoben (Az. 5 S 305/19). Zu Fall brachte den Flächennutzungsplan eine, wie der VGH feststellte, fehlerhafte Abwägung.
Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen
Antragsteller in dem Normenkontrollverfahren war der Regionalvorsitzende Nordbaden des Bundesverbands WindEnergie (BWE) Jürgen Bortloff, der gemeinsam mit weiteren Bürgern aus Alpirsbach und Umgebung im Gewann „Oberer Reutiner Berg“ eine Windenergieanlage errichten möchte. Die Einschätzung, dass die Stadt Alpirsbach durch eine fehlerhafte Planung die Genehmigung des Antrags auf Errichtung einer Windenergieanlage zu Unrecht zunächst verhindert hat, wurde nun durch die Entscheidung des VGH Baden-Württemberg bestätigt.
In dem Verfahren ging es um den Teilflächennutzungsplan der Stadt Alpirsbach zur Ausweisung von Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen vom 26. Juli 2018. Dieser ließ lediglich auf einer einzigen, rund 35 Hektar großen Fläche am „Heilenberg/Glaswald“ die Errichtung von Windenergieanlagen zu. Alle anderen Grundstücke im Außenbereich waren für Windenergieanlagen gesperrt. Dabei ist der Standort am „Oberen Reutiner Berg“, auf dem der Antragsteller eine Anlage mit knapp 150 Metern Nabenhöhe und einer Gesamthöhe von rund 210 Metern errichten möchte, hinsichtlich der dort herrschenden Windgeschwindigkeit und aus natur- und artenschutzrechtlichen Gesichtspunkten besser geeignet als die von der Stadt Alpirsbach im Flächennutzungsplan ausgewiesene Fläche am „Heilenberg/Glaswald“.
Ausschluss von Flächen
In der mündlichen Verhandlung standen vor allem Fragen einer fehlerhaften Bewertung der in die Abwägung einzustellenden Belange im Fokus (Lärmschutz, Artenschutz, Landschaftsbildbeeinträchtigung, Windgeschwindigkeit). Beispielsweise ging es darum, warum die Stadt Alpirsbach nur Flächen mit einer Mindestwindgeschwindigkeit von 5,25 Metern pro Sekunde in 100 Metern Höhe als geeignet angesehen hat, nach welchen Kriterien sie die Mindestabstände zu Wohngebieten und anderen Siedlungsflächen festgesetzt hat, mit welcher Begründung sie Flächen über 15 Hektar per se ausgeschlossen hat und warum artenschutzrechtliche Konflikte in der Fläche „Heilenberg/Glaswald“ trotz Vorkommens von geschützten Vogelarten nach der Vogelschutzrichtlinie nicht hinreichend geprüft wurden.
In seiner Urteilsbegründung attestierte der VGH der Stadt dann auch Ermittlungsfehler beim harten Ausschluss von Flächen, die aus immissionsschutzrechtlichen Gründen von der Windenergie freizuhalten sind, und bemängelte dabei insb. die Lärmprognose der Stadt. Mit Blick auf den Schwellenwert von 15 Hektar monierten die Richter eine fehlende Offenlegung der tatsächlichen Gründe für deren Bestimmung. Schließlich machte der VGH auch klar, dass eine abschließende Prüfung, ob der angegriffene Teilflächennutzungsplan der Windenergie auf der Gemarkung der Stadt substantiellen Raum verschafft, mit Blick auf die aufgeführten Fehler nicht möglich sei. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Hinweis der Redaktion
Die Kanzlei Menold Bezler hat Jürgen Bortloff bereits in zwei Gerichtsverfahren gegen das Landratsamt Freudenstadt in den Jahren 2017 und 2018 vertreten. Damals hatte das Landratsamt Freudenstadt auf Antrag der Stadt Alpirsbach das Genehmigungsverfahren für die Windenergieanlage aufgrund des laufenden Flächennutzungsplanverfahrens für insgesamt zwei Jahre gestoppt (VG Karlsruhe, Beschl. v. 10.08.2017, Az.: 11 K 7577/16; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.10.2018, Az.: 5 S 1398/18).