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EU will das Insolvenzrecht harmonisieren
Das Insolvenzrecht kommt nicht zur Ruhe. Nach dem Willen der EU-Kommission sollen Insolvenzanfechtungen, das Aufspüren von Vermögenswerten, der Verkauf von insolventen Unternehmen und die Liquidation von Kleinstunternehmen in den kommenden Jahren über gemeinsame Mindeststandards vereinheitlicht werden. So sieht es der Vorschlag für eine Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts vom 7. Dezember 2022 vor.
Insolvenzanfechtung und Aufspüren von Vermögenswerten
Der Vorschlag orientiert sich in Teilen am bestehenden deutschen Insolvenzrecht. Die angestrebte Harmonisierung des Insolvenzanfechtungsrechts dürfte daher nur geringe Auswirkungen auf die deutsche Insolvenzordnung haben.
Für Insolvenzverwalter sind zudem erweiterte Einsichtsmöglichkeiten in öffentliche Register vorgesehen. Dies soll die Ermittlung von Vermögensgegenständen erleichtern. Diese Änderung wird sich positiv auf die Befriedungsaussichten der Gläubiger auswirken und die Verfahrensabwicklung erleichtern.
Pre-Pack-Verfahren
Mit größeren Umwälzungen ist dagegen durch die Einführung eines sogenannten Pre-Pack-Verfahrens zu rechnen. Dabei wird der Verkauf eines Unternehmens oder eines Teils davon bereits vor der förmlichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorbreitet und ausgehandelt. So soll es möglich sein, kurz nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Verkauf durchzuführen. Als Alternative zum Unternehmensverkauf sieht der Richtlinienvorschlag das Verfahren einer öffentlichen Auktion vor. Dadurch kann ein Weg bereitet werden, um Unternehmen oder Unternehmensteile nach Eröffnung schnell zu versteigern. Ergänzend soll die Übertragung von Unternehmen auf einen Erwerber im Wege des Insolvenzverfahrens dadurch erleichtert werden, dass bestehende Verträge des Schuldnerunternehmens oder des Schuldners mit Dritten wie zum Beispiel Kunden- oder Lieferantenverträge ohne Zustimmung des bisherigen Vertragspartners automatisch auf den Erwerber übergehen. Bei einem Erwerb des Unternehmens etwa durch einen Wettbewerber des Vertragspartners dürfte es hier zu Spannungen kommen.
Liquidation von Kleinstunternehmen
Zu den sogenannten Kleinstunternehmen zählt die EU Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern und einem Umsatz und/oder einer Bilanzsumme von unter zwei Millionen Euro. Bei Unternehmen dieser Größenordnung will die Richtlinie die Liquidation vereinfachen und ein Insolvenzverfahren ohne Insolvenzverwalter einführen. Nur auf Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers kann weiterhin ein Insolvenzverwalter bestellt werden, sofern dessen Kosten gedeckt sind. Außerdem sollen die Insolvenzgerichte die Möglichkeit erhalten, die Verwertung der Vermögenswerte von Kleinstunternehmen über ein elektronisches Auktionssystem vorzunehmen.
Ausblick
Die konkrete Umsetzung der in der Richtlinie enthaltenen Vorschläge und Ziele bleibt abzuwarten. Es ist aber bereits klar, dass die geplanten Änderungen erhebliche Auswirkungen auf das deutsche Insolvenzrecht haben werden. Ob diese Änderungen sich immer positiv zugunsten der Gläubiger niederschlagen, ist offen.