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Die Sandale als geschütztes Kunstwerk
Ob und inwieweit auch Alltagsgegenstände urheberrechtlichem Schutz unterliegen können, wird in Rechtsprechung und Literatur bereits seit längerem thematisiert. In einem aktuellen Urteil hat das LG Köln diese Frage nun hinsichtlich der Sandalen eines bekannten deutschen Herstellers bejaht. Trotz funktionsbedingter Form sei bei der optischen Aufmachung der Sandalen eine ausreichende Gestaltungshöhe erreicht, die einen Urheberrechtsschutz rechtfertige.
Der Sachverhalt im Überblick
Hintergrund der Entscheidung war eine Klage des Herstellers gegen eine Webseitenbetreiberin, welche über ihren Online-Shop unter anderem auch Sandalen vertrieb, die denen des Herstellers stark ähnelten. Nach erfolgloser Abmahnung verlangte die Klägerin von der Beklagten die Unterlassung dieses Vertriebs, die Vernichtung der übrigen Warenbestände und die Feststellung der Ersatzpflicht hierdurch entstandener Schäden. Die Klägerin war hierbei der Ansicht, dass der Vertrieb dieser Sandalen gegen ihre Urheberrechte verstoße. Die Beklagte trug hingegen vor, die Gestaltung der Modelle beruhe hauptsächlich auf technisch-funktionalen Überlegungen und beinhalte keine ausreichende schöpferische Individualität, um einen Urheberschutz zu beanspruchen.
Das Vorhandensein funktionaler Gestaltungsentscheidungen schließt den Urheberschutz nicht zwangsläufig aus
Die Kammer stellte zunächst fest, dass der Spielraum für künstlerische Gestaltung bei Gebrauchsgegenständen, die einen Gebrauchszweck aufweisen, von Natur aus eingeschränkt sei.
Entscheidend sei aber, ob der Urheber den vorhandenen Gestaltungsspielraum genutzt habe, um eigene kreative Entscheidungen zu treffen. Denn auch bei Werken des alltäglichen Gebrauchs können sich der ästhetische Aspekt und die funktionelle Zweckmäßigkeit ergänzen.
Die Kammer sah diese Voraussetzungen in diesem Fall als erfüllt an, weil die Anordnung des Fußbetts und des Zehenstegs ein Design darstellten, welches über die Verwirklichung technischer Lösungen hinausgehe und eine geistige Schöpfung darstelle.
Fazit
Die Entscheidung offenbart interessante Einblicke, wie weit der urheberrechtliche Schutzbereich im Einzelnen gehen kann. Nachdem der Bundesgerichtshof bereits in seiner „Geburtstagszug“-Entscheidung die Schutzuntergrenze für Werke der angewandten Kunst herabgesenkt hatte, gibt dieses aktuelle Urteil des LG Köln weiteren Aufschluss über den urheberrechtlichen Schutz von alltäglichen Gegenständen. Ein solcher kann demnach auch dann angenommen werden, wenn die Gestaltung des Gegenstands auch auf funktionalen Überlegungen beruht. Entscheidend ist hierbei, ob das Werk aufgrund seiner Merkmale einen Gestaltungsspielraum aufweist, der vom Urheber eigenständig ausgefüllt wurde und das Werk die Persönlichkeit des Urhebers widerspiegelt. Dies kann auch bei Gebrauchsgegenständen des alltäglichen Lebens der Fall sein.
Daher sollten sich auch Hersteller oder Vertreiber von vermeintlich alltäglichen Gegenständen ermutigt fühlen, urheberrechtliche Aspekte stets sorgfältig zu prüfen.
Maßgebliche Entscheidung: LG Köln, Urteil vom 23.02.2023 – 14 O 41/22