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Die Rüge per WhatsApp kann ausreichen!
Die Anforderungen an eine (Verfahrens-) Rüge sind gering. Auch eine über WhatsApp versandte Rüge kann bereits für eine ordnungsgemäße Rüge ausreichend sein.
Sachverhalt
Der Auftraggeber schrieb Bauleistungen europaweit in einem Offenen Verfahren aus.
Nach Übersendung der Submissionsergebnisse übersandte die spätere Antragstellerin dem Projektleiter des Auftraggebers folgende Nachricht per WhatsApp: „Hallo […], das Ergebnis kennst Du ja bestimmt schon. Vllt. könnt ihr mal gucken, ob die geforderte AK 2 wirklich vorliegt“.
Da die Antragstellerin nicht das wirtschaftlichste Angebot abgab, erhielt er ein Bieterinformationsschreiben nach § 134 GWB. Im Rahmen des anschließenden Nachprüfungsantrags machte die Antragstellerin u.a. die fehlende Eignung des Bestbieters geltend und bezweifelt in diesem Zusammenhang das Vorliegen des Gütezeichens AK 2 bei dem Bestbieter.
Der Auftraggeber hält den Nachprüfungsantrag bereits für unzulässig, da seitens der Antragstellerin keine formal gültige Rüge eingegangen sei.
Die Entscheidung
Nach Auffassung der Vergabekammer genügte die Antragstellerin ihrer Rügeobliegenheit, indem sie das Vorliegen des Gütezeichens AK 2 bei dem Bestbieter per WhatsApp hinterfragte. Die Vergabekammer erachtete den Nachprüfungsantrag daher insoweit für zulässig. Nach Auffassung der Vergabekammer sind an eine Rüge keine hohen Anforderungen zu stellen, insbesondere müsse diese keiner bestimmten Form entsprechen.
Eine Rüge könne auch als Frage formuliert sein, solange der Bieter deutlich macht, einen Vergabeverstoß zu beanstanden und entsprechende Abhilfe erwartet.
Vorliegend sei aus der WhatsApp-Nachricht hinreichend hervorgegangen, dass Zweifel daran bestünden, ob ein konkurrierender Bieter bessere Preise anbieten kann, wenn er in qualitativer Hinsicht die gleichen Standards bei der Auftragserledigung aufweist wie die Antragstellerin selbst. Dieser habe daher sehr konkret nach dem Gütezeichen AK 2 gefragt.
Es genüge im Übrigen auch eine Rüge gegenüber einem Repräsentanten öffentlicher Auftraggeber, wenn dieser vom Auftraggeber mit der Durchführung der Ausschreibung betraut und aufgrund dieser Stellung und seiner Sachkunde objektiv als Ansprechpartner anzusehen sei.
Praxishinweise
Die Entscheidung bestätigt ein weiteres Mal, dass für eine ordnungsgemäße Rüge sowohl in formaler als auch in inhaltlicher Hinsicht nur geringe Hürden bestehen.
Die Vorschriften über die „E-Vergabe" beziehen sich nur auf das Vergabeverfahren. Als Teil des Rechtsmittelverfahrens ist die Rüge nicht dem Vergabeverfahren zuzurechnen. Daher müssen Rügen nicht über die vom Auftraggeber vorgegebene Vergabeplattform erhoben werden.
Vor diesem Hintergrund gilt einmal mehr, dass man die Kommunikationskanäle – welche man eröffnet – mit Bedacht auswählen sollte.
Maßgebliche Entscheidung: VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19. Mai 2022, Az. 3 Verg 3/22