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Das Europäische Einheitspatent nimmt die nächste Hürde
Das Bundesverfassungsgericht hat erneute Eilanträge gegen das deutsche Zustimmungsgesetz zum Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) zurückgewiesen. Mit dem Start des Europäischen Einheitspatents wird nun Anfang 2022 gerechnet. Das Einheitliche Patentgericht (Unitary Patent Court, kurz UPC) wird sich – wenn keine neuen Hindernisse auftreten – im Laufe des nächsten Jahres konstituieren und die Tätigkeit voraussichtlich Anfang 2023 aufnehmen.
Bundesverfassungsgericht weist Eilanträge zurück
Das Einheitliche Patentgericht stand schon 2017 kurz vor der Umsetzung. Eine Verfassungsbeschwerde samt Eilantrag verhinderte jedoch, dass der Bundespräsident das deutsche Zustimmungsgesetz zum EPGÜ ausgefertigte. Dies schuf einen Schwebezustand für das Einheitliche Patentgericht, weil die Ratifizierung des Übereinkommens durch Deutschland zwingende Voraussetzung für das Inkrafttreten des EPGÜ ist. Das Bundesverfassungsgericht erklärte im März 2020 das erste deutsche Zustimmungsgesetz aus formellen Gründen für nichtig, wies aber im Juni 2021 erneute Eilanträge gegen die Ende 2020 verabschiedete zweite Fassung zurück. Am 13. August 2021 ist das deutsche Zustimmungsgesetz zum EPGÜ in Kraft getreten und der Weg für eine Ratifizierung des EPGÜ durch Deutschland frei. Diese wird noch im Herbst 2021 erwartet.
Weitere Voraussetzungen für das Inkrafttreten des EPGÜ
Das Inkrafttreten des EPGÜ setzt voraus, dass
- mindestens 13 Mitgliedsstaaten ihre Ratifikations- oder Beitrittsurkunde zum EPGÜ beim Europäischen Rat hinterlegt haben;
- die Ratifikations- oder Beitrittsurkunde der drei Mitgliedsstaaten hinterlegt worden ist, in denen es im Jahr 2012 die meisten gültigen europäischen Patente gab (Deutschland, Frankreich und Italien).
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, tritt das EPGÜ vier Monate nach Hinterlegung der 13. Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft.
Bislang haben Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Portugal und Schweden ihre Ratifikationsurkunde hinterlegt. Mit der bevorstehenden Ratifizierung des EPGÜ durch Deutschland sind die Voraussetzungen für ein Inkrafttreten des EPGÜ erfüllt. Gleichzeitig mit dem EPGÜ tritt dann die Verordnung über das Europäische Einheitspatent in Kraft.
Bei Unterzeichnung des EPGÜ zählte das Vereinigte Königreich noch zu den drei Mitgliedsstaaten mit den meisten gültigen europäischen Patenten im Jahr 2012 und damit wäre eine Ratifizierung durch das Vereinigte Königreich zwingende Voraussetzung für das Inkrafttreten des EPGÜ gewesen. Mit dem Ausscheiden aus der Europäischen Union („Brexit“) ist das Vereinigte Königreich nicht mehr an dem zukünftigen Europäischen Einheitspatent und dem zukünftigen Einheitlichen Patentgericht beteiligt.
Fazit
Nach einem langen Anlauf könnte das Europäische Einheitspatent Anfang 2022 starten. Ab diesem Zeitpunkt können Inhaber erteilter europäischer Patente für ihre Patente einen Antrag auf einheitliche Wirkung stellen, sogenanntes Opt-in. Zudem können Inhaber europäischer Patente, die keine einheitliche Wirkung haben, während einer Sunrise Period – und solange noch keine Klage beim Einheitlichen Patentgericht anhängig ist – entscheiden, ob sie mit dem jeweiligen Patent an dem neuen Patentgerichtssystem teilnehmen wollen oder nicht, sogenanntes Opt-out.
Zu den möglichen Vor- und Nachteilen des Europäischen Einheitspatents und des Einheitlichen Patentgerichts beraten wir Sie gerne.