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„Coronabedingte“ Entgeltfortzahlungen im öffentlichen Dienst

Öffentliche Hand

Können oder dürfen Arbeitnehmer infolge des Coronavirus nicht arbeiten, stellt sich die Frage, ob sie ihre Vergütung trotzdem beanspruchen können. In Betracht kommen darüber hinaus Erstattungsansprüche des Arbeitgebers gegenüber den Behörden.

 

Diese Fragen stellen sich auch bei Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst. Für Beamte gelten indes andere Regelungen.

 

Entgeltfortzahlung im Arbeitsverhältnis

 

Ob und wie lange ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer bei coronabedingten Ausfällen zu vergüten hat, unterscheidet sich von Fall zu Fall:

  • Ist ein Arbeitnehmer infolge des Coronavirus arbeitsunfähig erkrankt, hat der Arbeitgeber das Entgelt für bis zu sechs Wochen fortzuzahlen (§ 22 TVöD, § 22 TV-L bzw. § 3 EFZG).Die kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung haben am 9. März 2020 für vier Wochen die Krankschreibung erleichtert: Personen mit leichten Atemwegserkrankungen können sich telefonisch von ihrem Arzt bis zu sieben Tage krankschreiben lassen.
  • Ordnet die zuständige Behörde (Gesundheitsamt) für Arbeitnehmer eine mehrwöchige Quarantäne (§ 30 IfSG) oder ein berufliches Tätigkeitsverbot (§ 31 IfSG) an, hat der Arbeitnehmer gegen die Behörde einen Anspruch auf Entschädigung. Der Arbeitgeber hat die Entschädigung als Zahlstelle längstens für sechs Wochen für die zuständige Behörde auszuzahlen. Anschließend erstattet die Behörde dem Arbeitgeber die ausgezahlten Beträge auf Antrag (§ 56 Abs. 5 IfSG).
  • Falls die zuständige Behörde den Betrieb schließt oder einschränkt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG), besteht für den Arbeitgeber ein hohes Risiko, dass er das Arbeitsentgelt nach § 615 Satz 3 BGB (Betriebsrisiko) fortzuzahlen hat. Ob alternativ eine Entschädigung nach § 56 IfSG gefordert werden kann, ist ungeklärt. Es empfiehlt sich in jedem Fall, eine Entschädigung bei der zuständigen Behörde geltend zu machen.
  • Will der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht im Betrieb beschäftigen, ohne dass ein Fall der Arbeitsunfähigkeit oder eine behördliche Anordnung vorliegt, steht ihm bei einer entsprechenden Regelung die Möglichkeit offen, den Arbeitnehmer ins Homeoffice zu schicken. Fehlt eine Homeoffice-Regelung oder ist die geschuldete Tätigkeit nicht im Homeoffice auszuüben, bleibt dem Arbeitgeber die Möglichkeit, den Arbeitnehmer (bezahlt) freizustellen (§ 615 Satz 1 BGB) oder Freizeitguthaben abzubauen.
  • Problematisch ist die Beurteilung nur mittelbar betroffener Arbeitnehmer. Bei Arbeitnehmern mag etwa die Notwendigkeit eintreten, das eigene Kind häuslich zu betreuen, weil die Kindertagesstätte, Kindergarten oder Schule coronabedingt geschlossen wurde. Dass der Arbeitnehmer auch in diesen Fällen Entgeltfortzahlung nach § 616 BGB verlangen kann, setzt insbesondere voraus, dass er nur für „eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ an der Arbeitsleistung verhindert ist. Verhältnismäßig nicht erheblich ist nach herrschender Meinung ein Zeitraum von bis zu fünf Arbeitstagen, nach anderer Auffassung von bis zu zehn Arbeitstagen. Steht von vornherein fest, dass der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum an der Arbeitsleistung verhindert sein wird, besteht von vornherein kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 616 BGB.Der Arbeitgeber, der Entgeltfortzahlung leisten muss oder dies freiwillig tut, hat gegen die Behörde, die die Schließung der Bildungseinrichtung verfügt hat, keinen Anspruch auf Entschädigung.
  • Ein Arbeitnehmer darf die Arbeitsleistung nicht schon deshalb verweigern, weil er ein „nur“ abstraktes Infektionsrisiko auf der Arbeit (allgemeines Lebensrisiko) oder in den öffentlichen Verkehrsmitteln (Wegerisiko) fürchtet. Hier schuldet der Arbeitgeber keine Vergütung.

Bitte beachten Sie, dass die §§ 615, 616 BGB durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag abbedungen werden können. Insbesondere schließen TVöD und TV-L den § 616 BGB weitgehend aus (§ 29 TVöD und § 29 TV-L). In diesen Fällen weicht die Rechtslage ab.

 

Entschädigungsanspruch gegenüber der Behörde

 

Das Infektionsschutzgesetz sieht in § 56 Abs. 5 Satz 2 einen Erstattungsanspruch des Arbeitgebers gegenüber der zuständigen Behörde vor, soweit ein Arbeitnehmer mit einem gesetzlichen/behördlichen Verbot nach dem Infektionsschutzgesetz belegt ist und dadurch einen Verdienstausfall erleidet.

 

Liegen gleichzeitig sowohl eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit als auch ein behördliches Beschäftigungsverbot/eine behördlich angeordnete Quarantäne vor, geht unseres Erachtens § 56 IfSG vor.

 

Grundsätzlich tritt der Arbeitgeber mit der Entschädigungszahlung in Vorleistung. Er kann sich die verauslagte Entschädigung sodann von der zuständigen Behörde erstatten lassen (§ 56 Abs. 5 IfSG). Er hat jedoch auch die Möglichkeit, einen Vorschuss bis zur vollen Höhe des voraussichtlichen Erstattungsbetrags zu beantragen (§ 56 Abs. 12 IfSG).

 

Bei einem Tätigkeitsverbot ist der Erstattungsantrag innerhalb von drei Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit zu stellen. Im Fall einer Quarantäne muss die Antragsstellung binnen drei Monaten nach dem Ende der Absonderung (Quarantäne) erfolgen (§ 56 Abs. 11 IfSG).

 

Großzügigere Regelung bei Beamten

 

Eine andere Rechtslage gilt für Beamte von Bund, Länder und Kommunen. Beamte erhalten ihre Bezüge im Krankheitsfall grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung fortgezahlt. Sie erhalten Sie in der Regel auch für den Fall behördlich angeordneter Quarantäne/Tätigkeitsverbote oder bei angeordneter Schließung der Einrichtung/Behörde. Ein Verlust der Besoldung droht, wenn der Beamte sein Fernbleiben schuldhaft verursacht. § 56 IfSG findet unseres Erachtens keine Anwendung.

 

Über die zentrale E-Mail-Adresse taskforce@menoldbezler.de erhalten Sie kurzfristig Antworten zu weitergehenden Fragen rund um das Thema Coronavirus.

 

 

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