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Bundesverwaltungsgericht schränkt Vorkaufsrechte zum „Milieuschutz“ ein

Fachbeiträge
Bundesverwaltungsgericht schränkt Vorkaufsrechte zum „Milieuschutz“ ein

Mit dem am 23. Juni 2021 in Kraft getretenen Baulandmobilisierungsgesetz (vgl. MBulletin April 2021) hatte der Gesetzgeber das kommunale Vorkaufsrecht noch erweitert. Hingegen schränkte das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 9. November 2021 die Handlungsmöglichkeiten in Gebieten einer Erhaltungssatzung zum „Milieuschutz“ ein und stellte dem Gesetzgeber damit neue Hausaufgaben.

Dem Urteil lag der Verkauf eines Wohngrundstücks in Berlin im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB zugrunde. Das zuständige Bezirksamt übte das Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB aus, weil zu befürchten sei, dass die Zusammensetzung der sozialgemischten Wohnbevölkerung aufgrund der Verdrängung einkommensschwächerer Gruppen nicht erhalten werde. Der relativ hohe Kaufpreis lasse erwarten, dass die Käuferin (eine gewinnorientierte private Immobiliengesellschaft) das Grundstück anders als bisher nutzen und den Kaufpreis durch mieterhöhende bauliche Maßnahmen refinanzieren werde. Diese Vorgehensweise entsprach bislang vielfach der Praxis und wurde vom VG Berlin und OVG Berlin-Brandenburg zunächst in erster und zweiter Instanz bestätigt. Das Bundesverwaltungsgericht entschied allerdings, dass der Ausschlussgrund nach § 26 Nr. 4 BauGB das Vorkaufsrecht auch im Gebiet einer Erhaltungssatzung ausschließt, wenn das Grundstück entsprechend deren Zielen und Zwecken bebaut ist und genutzt wird. Dabei kommt es maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an und nicht auf mögliche zukünftige Entwicklungen. Die befürchtete „Luxussanierung“ samt Mieterhöhung musste also außer Betracht bleiben.

Dies ergebe sich vorrangig aus dem Wortlaut des § 26 Nr. 4 BauGB, der im Präsens gehalten ist. Das Vorkaufsrecht kann in Fällen einer Erhaltungssatzung daher vorrangig nur ausgeübt werden, wenn die bauliche Anlage Missstände oder Mängel aufweist. Eine Änderung dieser Rechtslage könne nur der Gesetzgeber vornehmen. In der Tat finden sich im Koalitionsvertrag der „Ampel“-Regierung bereits entsprechende Überlegungen. Das kommunale Vorkaufsrecht bleibt daher aller Voraussicht nach weiter in Bewegung.

Maßgebliche Entscheidung: BVerwG, Urt. v. 09.11.2021 – 4 C 1.20

 

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