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Bewertungsportale und Berichterstattung im Internet – (k)ein rechtsfreier Raum?
Nicht selten werden Bewertungsportale im Internet für Verunglimpfungen und Beleidigungen missbraucht, was weitreichende Folgen für die Bewerteten nach sich ziehen kann. Erfreulicherweise besteht für Betroffene die Möglichkeit, sich gegen unzulässige Bewertungen zu wehren.
Bewertungen in Onlineportalen stehen stets im Spannungsfeld zwischen der Wahrnehmung eines berechtigten öffentlichen Interesses an der Veröffentlichung von Erfahrungsberichten und damit der Erfüllung einer gesellschaftlich ausdrücklich erwünschten Funktion einerseits und der Möglichkeit zur anonymen Verunglimpfung und strafbaren Beleidigung ohne sachliche Begründung andererseits. Gerade ehemalige Mitarbeiter überschreiten häufig die Grenze dessen, was aus rechtlicher Sicht noch als akzeptabel zu qualifizieren ist und nutzen solche Portale für ihren persönlichen Rachefeldzug.
Die Erscheinungsformen sind dabei vielfältig und reichen von ausformulierten Texten, über verkürzte Schlagworte wie „ganz schlecht“ bis hin zum Hinterlassen nur eines „Sterns“ ohne jeglichen Begleittext. Die Konsequenzen sind jedoch regelmäßig ähnlich und können sowohl bei der einzelnen Privatperson als auch beim Unternehmen je nach Intensität zu schwerwiegenden Verletzungen des (Unternehmens-)Persönlichkeitsrechts führen, was sich regelmäßig geschäftsschädigend bis hin zur Existenzbedrohung auswirken kann.
Erfreulicherweise ist die Rechtsprechung daher in den letzten Jahren dazu übergegangen, die rechtlichen Schranken insoweit konkreter zu fassen und den Betroffenen Rechte an die Hand zu geben, um sich gegen unzulässige Bewertungen zu wehren.
Die wichtigsten Leitplanken dazu stellen sich wie folgt dar:
- Die Frage der rechtlichen Zulässigkeit beurteilt sich im ersten Schritt danach, ob es sich bei der beanstandeten Aussage um eine Meinungsäußerung oder um eine Tatsachenbehauptung handelt.
- Tatsachenbehauptungen sind immer im Hinblick auf ihren objektiven Wahrheitsgehalt überprüfbar und stets unzulässig, wenn es sich um unwahre Tatsachenbehauptungen handelt. Im Gegenzug sind wahre Tatsachenbehauptungen in aller Regel hinzunehmen, wenn nicht durch Zeitablauf das Interesse des Betroffenen an seiner Privatsphäre ausnahmsweise überwiegt. Dann kann im Einzelfall ein Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch aus dem sog. „Recht auf Vergessenwerden“ - jedenfalls von Privatpersonen - geltend gemacht werden. Dazu hat das BVerfG jüngst in zwei Entscheidungen (BVerf GRUR 2020, 74 – Recht auf Vergessenwerden I und BVerfG GRUR 2020, 88 – Recht auf Vergessenwerden II) weitere Konkretisierungen höchstrichterlich etabliert.
- Meinungsäußerungen sind dagegen subjektive Werturteile, die unter dem Schutz der grundgesetzlichen garantierten Meinungsfreiheit stehen und daher nur dann unzulässig sind, wenn es sich um Schmähkritik ohne jeglichen sachlichen Bezug handelt.
- Sternebewertungen ohne jeglichen Begleittext werden von der Rechtsprechung als Meinungsäußerungen angesehen. Hier hat sich in jüngster Zeit eine deutliche Tendenz dahingehend abgezeichnet, dass Sternebewertungen in Portalen stets implizieren, dass der Bewertende eine Kundenbeziehung zu dem bewerteten Unternehmen innehat. Nur dann ist er in der Lage, eine qualifizierte Aussage über die Qualität des Unternehmens zu tätigen. Ist dies nicht der Fall, besteht nach der Rechtsprechung kein sachliches Informationsbedürfnis, so dass solche Bewertungen in der Regel unzulässig sind.
- Ein Anspruch auf Löschung des gesamten Profils auf einem Bewertungsportal besteht grundsätzlich nicht, da die Bewertungsportale, wie oben dargelegt, per se eine gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllen und dem öffentlichen Informationsbedürfnis dienen. Anders allerdings nun das OLG Köln in seinem aktuellen Urteil gegen die Bewertungsplattform jameda, wo ein Arzt auf vollständige Löschung seines Profils bei jameda geklagt hatte und Recht bekam (OLG Köln Urteil vom 14.11.2019 - 15 U 89/19). Das Gericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass bei jameda nicht mehr das öffentliche Informationsinteresse im Vordergrund stehe.
- Nach der jüngsten BGH-Entscheidung (Az. VI ZR 496/18 - www.yelp.de) vom 14. Januar 2020 bleibt es Plattformbetreibern allerdings unbenommen, durch ein eigenes algorithmusbasiertes Bewertungssystem zwischen empfohlenen und nicht empfohlenen Bewertungen zu differenzieren und die Gesamtnote eines Unternehmens nur auf Basis der empfohlenen Bewertungen zu ermitteln und anzugeben.
Fazit: Besteht der Verdacht einer unzulässigen Bewertung oder Aussage auf einen Bewertungsportal wie kununu, tripadvisor oder Google, sind Betroffene keinesfalls schutzlos gestellt und sollten schnell reagieren. Oftmals reicht ein Anwaltsschreiben an den Portalbetreiber in Kombination mit einer Meldung bei einem speziell vom Portalbetreiber eingerichteten Beschwerdesystem. Denn die Portalbetreiber können ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme an selbst als Störer für die Rechtsverletzungen haftbar gemacht werden, wenn sie die Aussagen nicht unmittelbar entfernen.