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Auftraggeber müssen inhaltliche Mindestanforderungen an Konzepte nicht als Unterkriterien gestalten
Die Frage, welche Anforderungen für die Gestaltung der Konzeptwertung gelten, ist ein vergaberechtlicher Dauerbrenner. Das OLG Celle hat sich kürzlich intensiv mit der Abgrenzung zwischen inhaltlichen Mindestanforderungen an die Konzepterstellung und gesondert zu gewichtenden Unterkriterien auseinandergesetzt. Das OLG Celle betont in seinem Beschluss das Recht des Auftraggebers, die Entwicklung von Ideen im Rahmen der Konzepterstellung auf die Bieter zu übertragen, indem er lediglich inhaltliche Mindestvorgaben aufstellt, die nicht gesondert gewichtet werden müssen.
Sachverhalt
Der Auftraggeber schrieb europaweit Postdienstleistungen im offenen Verfahren aus. Als qualitative Zuschlagskriterien bestimmte der Auftraggeber Qualitätskonzepte mit den Unterkriterien „Logistikkonzept“ sowie „Personalkonzept“.
Bezüglich dieser Konzepte gab der Auftraggeber Themen vor, auf welche die Bieter eingehen mussten. Hierbei handelte es sich nicht um eine abschließende Auflistung. Insgesamt konnten je Konzept 150 Punkte erzielt werden. Für die vorgegebenen Themen sah der Auftraggeber keine Untergewichtung vor.
Die spätere Antragstellerin rügte die Ausgestaltung der Wertungskriterien für die Konzepte als vergaberechtswidrig. Sie begründete ihre Rüge insbesondere damit, dass Angaben zur Gewichtung der für die Konzepterstellung vorgegebenen Themen fehlten. Zudem mangelte es aus ihrer Sicht an Kriterien zur Ermittlung des „besten“ Konzepts. Nach erfolglosem Rüge- sowie Nachprüfungsverfahren legte die Antragstellerin sofortige Beschwerde beim Vergabesenat des OLG Celle ein.
Die Entscheidung
Der Vergabesenat arbeitete zunächst heraus, dass die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen aufgeführt werden müssen (§ 127 Abs. 5 GWB). Dies gilt sowohl für die Zuschlags(haupt)kriterien, als auch für die Unterkriterien.
Diese Anforderungen erfüllten die von dem Auftraggeber aufgestellten Zuschlagskriterien bezüglich der Konzepte nach Ansicht des Vergabesenats. Es genügte demnach, dass der Auftraggeber die für die Konzepte jeweils maximal erreichbare Punktzahl genannt hatte. Die bezüglich der Konzepte aufgelisteten Themen, auf die die Bieter eingehen sollten, waren nach Ansicht des Vergabesenats hingegen keine Unterkriterien. Diese mussten somit nicht mit einer gesonderten Gewichtung versehen werden.
Unterkriterien seien Kriterien, die der Ausfüllung und näheren Bestimmung eines Hauptkriteriums dienten und präziser darstellten, worauf es dem Auftraggeber ankomme. Die zu den Konzepten genannten Inhalte stellten jedoch nach Ansicht des Vergabesenats lediglich thematische Mindestanforderungen an die zu erstellenden Konzepte dar.
Soweit Bieter ihre Konzepte für die Erfüllung von Qualitätskriterien schriftlich darstellen sollen, habe der Wettbewerb teilweise den Charakter eines Vergabeverfahrens mit funktionaler Leistungsbeschreibung. Der Sinn des in diesem Verfahren vorgesehenen Ideenwettbewerbs sei es gerade, dass die Bieter Konzepte entwickelten. Vom Auftraggeber zu fordern, weitere Kriterien aufzustellen, widerspreche daher dem vergaberechtlich zulässigen Ziel, die Entwicklung von Ideen auf die Bieter zu übertragen.
Praxistipp
Dass Auftraggeber bei der Konzepterstellung die Entwicklung von Ideen auf die Bieter übertragen und lediglich Aspekte vorgeben, auf welche die Bieter als Mindestinhalte eingehen müssen, ist zulässig. Bei der Gestaltung der Wertungsmethodik ist allerdings Sorgfalt geboten. In einer weiteren Entscheidung hatte ein Auftraggeber eine abschließend zu verstehende Auflistung von Aspekten für die Konzepterstellung vorgegeben, diese aber nicht als Unterkriterien gewichtet. Nach dem OLG Celle war dieses Vorgehen vergaberechtswidrig, da es sich um Unterkriterien gehandelt habe (OLG Celle, B. v. 02.02.2021 – 13 Verg 8/20).
Zudem müssen Auftraggeber die Konzeptwertung aufgrund des wegen der fehlenden Unterkriterien bestehenden großen Wertungsspielraums gründlich dokumentieren. Hierbei gelten nach der Rechtsprechung zur Wahrung der Transparenz strenge Anforderungen.
Maßgebliche Entscheidung: OLG Celle, Beschl. v. 25.03.2021 – 13 Verg 1/21