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Änderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex 2017
Mit dem Jahresende naht die Saison der Entsprechenserklärungen. Für viele börsennotierte Unternehmen ist es also höchste Zeit, Farbe zu bekennen, wie sie zu den neuen Empfehlungen des am 24. April 2017 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) stehen.
Das wiederentdeckte Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns
Wer sich mit den jüngsten Änderungen des Kodex auseinandersetzt, dem wird bereits in der Präambel ein Appell an die Unternehmensleiter auffallen, der Gegenstand einer hitzigen Debatte geworden ist: Insbesondere dem Vorstand wird nicht nur ins Stammbuch geschrieben, dass er sich in seiner Geschäftsführung an die bestehenden Gesetze halten muss (Legalität). Der Kodex erwartet von ihm darüber hinaus auch ein „ethisch fundiertes, eigenverantwortliches Verhalten (Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns)“. Während die Legalität unbestritten zum Pflichtenkatalog der Vorstandsriege gehört, stößt die zweite rechtspolitische Forderung der Kodex-Kommission vielfach auf Unverständnis. Denn im Einzelfall kann allzu moralisches Verhalten durchaus in ein Spannungsverhältnis zur Pflichterfüllung des Vorstands geraten. Letztlich kann man dazu stehen wie man möchte, für die Entsprechenserklärung nach § 161 AktG spielt dies keine Rolle. Das Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns ist lediglich Teil der Präambel. Es muss dem Kapitalmarkt daher nicht darüber berichtet werden, nach welchen ethischen Maßstäben die Geschäftspolitik betrieben wird.
Größere Aufmerksamkeit sollten die berichtspflichtigen Gesellschaften dagegen den insgesamt 13 Empfehlungen schenken, die den Kodex nun bereichern und das gesamte Spektrum der Corporate Governance betreffen.
Compliance Management System
Künftig soll der Vorstand durch angemessene, an der Risikolage des Unternehmens ausgerichtete Maßnahmen ein Compliance Management System einrichten und dessen Grundzüge im Corporate Governance Bericht offenlegen. Während Maßnahmen zur Verhinderung von Rechtsverstößen in vielen Unternehmen bereits zur Best Practice gehören, dürfte dies nicht ohne weiteres für die weitere Empfehlung des Kodex gelten, den Mitarbeitern des Unternehmens auf geeignete Weise die Möglichkeit zu eröffnen, „geschützt“ Hinweise auf Rechtsverstöße im Unternehmen zu geben.
Ob ein „geschützter“ Hinweis zwingend Anonymität, etwa durch eine Whistleblower-Hotline, gebietet, ist derzeit noch nicht geklärt.
Zukunftsbezogenheit der variablen Vorstandsvergütung
Dem Reizthema „Managementvergütung“ fügt die Kodex- Novelle einen weiteren Mosaikstein hinzu. Wie bisher sollen die monetären Vergütungsteile der Vorstandsmitglieder fixe und variable Bestandteile umfassen. Die variablen Vergütungsbestandteile, die grundsätzlich eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben müssen, sollen künftig im Wesentlichen zukunftsbezogen sein. Die Vorgaben der Kodex-Kommission lassen den Unternehmen damit Spielraum, um Sonderkonstellationen angemessen berücksichtigen zu können. Dies kann insbesondere bei der Bestellung neuer Vorstandsmitglieder von Bedeutung sein, wenn sich deren Vergütung gemäß dem bestehenden Vergütungsmodell anhand vergangenheitsbezogener Parameter bemisst.
Nennung der unabhängigen Aufsichtsratsmitglieder
Dem Dauerbrenner „Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder“ widmet sich die jüngste Kodex-Reform ebenfalls wieder mit zahlreichen Empfehlungen. Die Gesellschaften müssen nicht nur erklären, ob der Aufsichtsrat ein Kompetenzprofil für das Gesamtgremium erarbeitet hat. Für besonderen Sprengstoff dürfte die Empfehlung des Kodex sorgen, die unabhängigen Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner namentlich zu nennen. Während die Kodex- Kommission sich positive Auswirkungen für eine fundierte Meinungsbildung der Aktionäre erhofft, verweisen andere auf das gesteigerte Risiko von Anfechtungsklagen gegen Entlastungsbeschlüsse, da die Gesellschaft durch die namentliche Zuordnung das Risiko der Fehleinschätzung trage. Ob sich die berichtspflichtigen Gesellschaften vor diesem Hintergrund tatsächlich dazu durchringen werden, ihre unabhängigen Aufsichtsratsmitglieder konkret zu benennen, darf bezweifelt werden.
Nach wie vor soll dem Aufsichtsrat eine nach seiner Einschätzung angemessene Anzahl unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder angehören. Zu begrüßen ist die Ergänzung, wonach bei der Bestimmung der angemessenen Anzahl durch die Gesellschaft die Eigentümerstruktur des Unternehmens zu berücksichtigen ist. Die Kodex-Kommission trägt damit insbesondere den Bedürfnissen von Familienunternehmen Rechnung.
Denn die bestimmende Rolle der Unternehmerfamilie innerhalb des Gesellschafterkreises muss auch bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner berücksichtigt werden dürfen.
Blick in die Zukunft: Vergütung und Unabhängigkeit weiter im Fokus
Wer meint, auf die jüngste Reform folgten ruhige Jahre, der irrt. Der Vorsitzende der Regierungskommission DCGK, Professor Dr. Rolf Nonnenmacher, hat bereits neue Kodex-Änderungen in Aussicht gestellt. Angekündigte Themenschwerpunkte: (wieder) Managergehälter und Unabhängigkeitsanforderungen an Aufsichtsratsmitglieder. Daneben soll der Kodex „verschlankt“ werden, indem in Zukunft auf die Wiedergabe des geltenden (Aktien-)Rechts verzichtet wird.
Fazit:
Die aktienrechtliche „Reform in Permanenz“ macht auch vor dem DCGK nicht halt. Auch angesichts des Stellenwerts des Kodex für institutionelle Anleger und Stimmrechtsberater müssen sich börsennotierte Unternehmen erneut mit Änderungen befassen. Insbesondere sollten sich Gesellschaften ohne angemessenes Compliance Management System fragen, ob sie dieses Manko in ihrer Entsprechenserklärung offenbaren möchten.