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10 Fragen zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)
Das BFSG verpflichtet dazu, bestimmte Produkte und Dienstleistungen für Verbraucher barrierefrei zu gestalten. Das Ziel ist der Schutz von Verbrauchern durch die Schaffung von Barrierefreiheit, insbesondere im digitalen Bereich.
Für wen gilt das BFSG?
Vom Anwendungsbereich des BFSG sind sowohl Hersteller, Händler als auch Einführer der in § 1 Abs. 2 BFSG genannten Produkte, als auch Erbringer der in § 1 Abs. 3 BFSG aufgeführten Dienstleistungen erfasst.
Ab wann gilt das BFSG?
Das BFSG gilt für Produkte, welche nach dem 28. Juni 2025 in den Verkehr gebracht und für Dienstleistungen, welche nach dem 28. Juni 2025 erbracht werden.
Gilt das BFSG für alle Unternehmen?
Nicht alle Unternehmen sind zur Erfüllung der Anforderungen aus dem BFSG verpflichtet. Ausnahmen sind:
- Kleinstunternehmen, welche Dienstleistungen anbieten oder erbringen. Kleinstunternehmen sind Unternehmen, mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen oder einer Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Millionen Euro.
- Wenn die Einhaltung des BFSG eine wesentliche Änderungen an einem Produkt oder einer Dienstleistung erfordert, die zu einer grundlegenden Veränderung der Wesensmerkmale führen, müssen die Anforderungen an die Barrierefreiheit ebenfalls nicht eingehalten werden.
- Wenn die Erfüllung der Anforderungen an die Barrierefreiheit eine unverhältnismäßige Belastung darstellt, besteht ebenfalls keine Verpflichtung, die Barrierefreiheitsanforderungen zu erfüllen.
In den letzten beiden Punkten sind die Marktüberwachungsbehörde zu informieren und die Gründe zu dokumentieren.
Für welche Produkte und Dienstleistungen gilt das BFSG?
Die unter das BFSG fallenden Produkte sind in § 1 Abs. 2 BFSG geregelt. Darin werden folgende Produkte aufgezählt:
- Hardwaresysteme einschließlich Betriebssysteme
- Selbstbedienungsterminals: Zahlungsterminals, Geldautomaten, Fahrausweisautomaten, Check-in-Automaten, Selbstbedienungsterminals zur Bereitstellung von Informationen
- Verbraucherendgeräte mit interaktivem Leistungsumfang, die für Telekommunikationsdienste oder für den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten verwendet werden
- E-Book-Lesegeräte
Darunter fallen beispielsweise Computer, Smartphones, Tablets, Notebooks und Mobiltelefone, TV-Geräte mit Internetzugang und Router.
Die erfassten Dienstleistungen ergeben sich aus § 1 Abs. 3 BFSG. Hierunter fallen:
- Telekommunikationsdienste
- Elemente von Personenbeförderungsdiensten: Webseiten, Apps, elektronische Tickets und Ticketdienste, Bereitstellung von Verkehrsinformationen, interaktive Selbstbedienungsterminals
- Bankdienstleistungen für Verbraucher
- E-Books und hierfür bestimmte Software
- Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr
Was sind Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr?
§ 2 Nr. 26 BFSG definiert Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr als „Dienstleistungen der Telemedien, die über Webseiten und über Anwendungen auf Mobilgeräten angeboten werden und elektronisch und auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers im Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrags erbracht werden.“
Hierunter fallen unter anderem Online-Shops aber auch Websites auf denen eine Terminbuchung ermöglicht wird. Hervorzuheben ist, dass nur um Dienstleistungen, die für Verbraucher erbracht werden, von der Definition erfasst sind.
Gibt es Ausnahmen?
Die folgenden Inhalte von Websites und mobilen Anwendungen sind vom BFSG ausgenommen:
- aufgezeichnete zeitbasierte Medien, die vor dem 28. Juni 2025 veröffentlicht wurden;
- Dateiformate von Büro-Anwendungen, die vor dem 28. Juni 2025 veröffentlicht wurden;
- Online-Karten und Kartendienste, sofern bei Karten für Navigationszwecke wesentliche Informationen barrierefrei zugänglich in digitaler Form bereitgestellt werden;
- Inhalte von Dritten, die von dem Unternehmen weder finanziert noch entwickelt werden noch dessen Kontrolle unterliegen;
- Inhalte von Webseiten und mobilen Anwendungen, die als Archive gelten, sofern deren Inhalte nach dem 28. Juni 2025 nicht mehr aktualisiert oder überarbeitet werden.
Gilt das BFSG für alle Websites?
Nicht erfasst sind Websites im B2B Bereich, die sich offensichtlich nicht an Verbraucher richten. Für B2B-Online-Shops gilt dies jedoch nur, wenn Bestellungen von Verbrauchern ausgeschlossen sind.
Welche Anforderungen gelten an die Barrierefreiheit?
Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 BFSG sind Produkte und Dienstleistungen barrierefrei, „wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind.“
§ 3 Abs. 2 BFSG enthält eine Verordnungsermächtigung für die Konkretisierung der Anforderungen an die Barrierefreiheit. In der entsprechenden Verordnung (BFSGV) werden einige zusätzlichen Anforderungen dargestellt.
Gibt es bereits Best Practices?
Da sowohl das BFSG als auch die Verordnung (BFSGV) einige unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten, ist es bisher schwer einen konkreten Maßnahmenplan zu erstellen.
§ 4 BFSG enthält jedoch eine Konformitätsvermutung. Soweit harmonisierte Normen im Bereich der Barrierefreiheit bestehen und Produkte oder Dienstleistungen diesen entsprechen, wird Konformität mit den Barrierefreiheitsanforderungen vermutet.
Für Websites kann auf die EN 301 549 zurückgegriffen werden. Diese verweist in ihrem Kapitel 9 auf die WCAG 2.1 AA. Wenn diese Kriterien erfüllt sind, wird auch die Einhaltung der Anforderungen des BFSG vermutet.
Die Kriterien der WCAG können daher für Websites als Best Practices angesehen werden.
Welche Konsequenzen drohen bei Verstößen?
Verstöße gegen das BFSG und die BFSGV stellen nach § 37 BFSG Ordnungswidrigkeiten dar und werden mit einer Geldbuße geahndet. Je nach Fall liegt die Höchstgrenze der Geldbuße bei 10.000 Euro oder 100.000 Euro.
Fazit
Dass BFSG stärkt die Barrierefreiheit für Verbraucher, insbesondere durch Vorgaben für Produkte und Dienstleistungen im digitalen Bereich. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Angebote bis zum 28. Juni 2025 barrierefrei sind. Bereits vorhandene harmonisierte Normen bieten dabei Orientierung und dienen als Maßstab für die Umsetzung. Verstöße gegen die Vorschriften können empfindliche Geldbußen nach sich ziehen, weshalb eine frühzeitige Auseinandersetzung mit dem Anwendungsbereich empfehlenswert ist.